Lithium war jahrelang der klassische Stimmungsstabilisierer. In den letzten Jahren kam eine Fülle an neuen Medikamenten mit potenziell stimmungsstabilisierenden Effekten auf den Markt und verdrängte sukzessive Lithium von seinem angestammten Platz. Dies ist umso bedauerlicher, da die Evidenz der Wirksamkeit von Lithium aufgrund der Verwendung als Referenzsubstanz in neuen, gut designten, randomisierten kontrollierten Studien immer besser wird.

Lithium ist ein wasserlösliches Ion, das nicht an Plasmaproteine bindet. Nach oraler Einnahme wird es rasch durch den oberen Gastrointestinaltrakt resorbiert. Die Absorptionszeit beträgt ein bis sechs Stunden und hängt von der Präsenz von Nahrung im Magen ab. Lithium ist durch eine lineare Pharmakokinetik gekennzeichnet, es besteht eine lineare Korrelation zwischen der eingenommenen Dosis und der Höhe der Plasmaspiegel.
Lithium wird fast ausschließlich renal eliminiert, es findet keine hepatische Biotransformation statt. Die Lithium-Clearance beträgt 20 bis 30 Prozent der glomerulären Filtrationsrate (GFR) und variiert je nach GFR. Lithium wird durch die Glomeruli der Niere als freies Ion gefiltert, und 80 Prozent werden an den proximalen Tubuli reabsorbiert. Wenn im Rahmen einer Hyponatriämie (beispielsweise durch Schwitzen) die Natriumkonzentration im proximalen Tubulus reduziert und somit die Lithium-Reabsorption erhöht ist, wird demensprechend weniger Lithium ausgeschieden, und es kann rasch zu toxischen Plasmakonzentrationen kommen. Ein kleiner Teil wird allerdings auch am distalen Tubulus durch epitheliale Natriumkanäle reabsorbiert, diese Kanäle sind viel permeabler für Lithium als für Natrium. Die Elimination von Lithium aus den Tubuluszellen ist abhängig von der Natrium-Kalium-Adenosin-Triphosphatase-Pumpe. Allerdings ist Lithium ein schlechtes Substrat für diese Pumpe, und dementsprechend schnell kann es zu einer intrazellularen Akkumulation mit Schädigung der Tubuluszellen und konsekutiver Nierenfunktionseinschränkung führen. Amilorid ist ein kaliumsparendes Diuretikum, das den epithelialen Natriumkanal (ENaC) blockiert und so die Entwicklung eines Lithium-bedingten Diabetes insipidus verhindern kann, indem es im distalen Nephron die Aufnahme von Lithium verringert.
Lithium wird als Salz, z.B. als Lithiumkarbonat, -citrat, -chlorid oder -sulfat, verabreicht. Die Präparate ähneln sich bezüglich Volumsverteilung, biologischer Verfügbarkeit und Halbwertszeit. Allerdings differieren einige wichtige andere Aspekte der Pharmakokinetik. Es sind Lithiumpräparate verfügbar, welche schnell bzw. – durch retardierte Formulierungen – langsam absorbiert werden. Spitzenplasmakonzentrationen von nicht retardierten Präparaten werden eine bis vier Stunden nach Ingestion erreicht. Lithiumsulfat und Lithiumchlorid erreichen Spitzenplasmakonzentrationen innerhalb einer Stunde im Vergleich zu vier Stunden bei Lithiumkarbonat. Zusätzlich ist Lithiumkarbonat weniger wasserlöslich und wird daher durch den oberen Gastrointestinaltrakt weniger schnell absorbiert als die anderen Salze. Bezüglich der Verwendung nicht retardierter Präparate konnte gezeigt werden, dass diese größere Plasma-Peaks erreichen, die akuten Nebenwirkungen aber nicht gravierender sind. Die retardierten Formen produzieren beständigere Plasma-Lithiumkonzentrationen als die nicht retardierten, mit denen größere Schwankungen des Plasmaspiegels zu erwarten sind. Retardierte Präparate erreichen Spitzenwerte nach vier bis zwölf Stunden je nach Salz. Einige Studien haben gezeigt, dass die Spitzenplasmakonzentrationen bei retardierten Präparaten eher zeitlich dilatiert auftreten, als dass es zu erniedrigten Plasmaspiegeln kommt. Andere Evidenz zeigt, dass die Spitzenplasmakonzentrationen von retardierten Präparaten niedriger ausfallen als die von nicht retardierten. Die Interpretation dieser widersprüchlichen Daten ist komplex, insbesondere auch deswegen weil es große intraindividuelle Unterschiede gibt. Hinzu kommen pharmakodynamische Fragen zur Ein- oder Zweimalgabe.

Einmal oder zweimal täglich verabreichen?

Die Frage nach fraktionierter oder Einmalgabe mündet in der Frage, wie Lithium-bedingten Nebenwirkungen am besten zu begegnen ist. Die häufigsten Nebenwirkungen sind die Polydipsie, Polyurie sowie die Entwicklung von Nephropathien, die mit reduzierter Harnkonzentrationsfähigkeit und strukturellen Veränderungen der Tubuli einhergehen und die im Extremfall zu einem Nierenversagen führen können.
Aufgrund dieser schwerwiegenden Nebenwirkungen wurde dieser Frage schon sehr früh nachgegangen. Paul Grof bestätigte Mogen Schous Angabe, dass eine Einmalgabe eines nicht retardierten Präparats am Abend ein reduziertes Ausscheidungsvolumen zur Folge hat. Andere Autoren folgten dieser Ansicht. Nur wenige andere fanden keine Verbesserung der Polyurie. Eine rezente Übersichtsarbeit (McKnight RF et al., 2012) konnte eine schmale Reduktion der GFR (0–5ml/min über ein Jahr bei Lithiumpatienten entdecken. Die von den gleichen Autoren auf Basis der vorliegenden Fallkontrollstudien durchgeführte Metaanalyse mit 372 Fällen und 307 Kontrollen erbrachte eine bei Lithiumpatienten zwar nominal, aber statistisch nicht signifikante Reduktion der GFR. Weiters konnte auch eine um 15 Prozent erniedrigte maximale Harnkonzentrationsfähigkeit im Vergleich zu den Kontrollen gezeigt werden. Allerdings sind alle diese Arbeiten mit derartig massiven Limitationen behaftet, dass zurzeit eine endgültige Antwort auf diese Frage nicht gegeben und ein positiver Einfluss auf die Polyurie nur vermutet werden kann. Insgesamt kam man überein, dass in jedem Fall die niedrigste wirksame Lithiumdosis zu wählen ist, um das Harnvolumen zu reduzieren (Carter L et al., 2013).
Die Frage nach der chronischen Nephrotoxizität von Lithium wurde zum ersten Mal in den Siebzigern des letzten Jahrtausends nach einem Bericht über bioptische Abnormalitäten bei Patienten mit Lithium gestellt. Später wurden weitere histologische Abnormitäten – wie tubulointerstitielle Nephritis oder globale Glomerulosklerose – berichtet.
In den letzten 20 Jahren erschienen immer mehr Publikationen, welche von sogenanntem „kreeping kreatinin“ und renaler Insuffizienz bei Langzeiteinnahme von Lithium berichteten. Diese chronischen Nephropathien entwickeln sich im Schnitt nach 15–20 Jahren, sind aber fast immer mild und oft klinisch nicht relevant. In einer Kohortenstudie mit 3.369 Patienten unter Lithiumtherapie wurden 18 Patienten mit Lithium-bedingtem Endstadium einer Niereninsuffizienz identifiziert (0,5 vs. 0,2 Prozent im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung).
Nierenversagen, die eine Nierenersatztherapie (Dialyse, Transplantation) notwendig machen, sind rar, kommen aber in Einzelfällen vor. Ob eine Einmalgabe renal protektiv wirkt, versucht eine rezente Übersichtsarbeit zu klären. Von den zwanzig eingeschlossenen Studien zeigten einige eine Harnvolumsreduktion unter Einmaldosierung, insgesamt waren die Studien jedoch nicht konkludent. Aufgrund der Tatsache, dass einige renale Biopsie-Studien größere pathologische Veränderungen unter täglichen Mehrmalsdosen zeigten, empfehlen die Autoren, nach Einschleichen der Dosis unter optimalen Plasmaspiegeln, die Gabe von zweimal auf einmal täglich umzustellen (Bendz H., 1983).
Auch die Frage nach dem Einfluss auf die affektive Psychopathologie unter Einmalgabe muss in diesem Kontext beleuchtet werden. Einmalgaben können nämlich erniedrigte Plasmaspiegel zur Folge haben und somit eine affektive Destabilisierung induzieren. Computergenerierte „Steady-state“-Messungen unter Gabe von Einzeldosen ergaben sich um die „Steady-state“-Mittelwerte bewegende größere Fluktuationen sowohl nach oben wie nach unten, im Vergleich zu täglich geteilten Dosen. Daher sind die 12-Stunden-Spitzen-Plasmakonzentrationswerte nach Einmalgabe höher und die 24-Stunden-Werte niedriger als bei geteilter Dosis. Im Gegensatz zu den Computermodellen ergaben „In vivo“-Messungen, dass die „Steady state“-Mittelwerte – bei gleichbleibender täglicher Gesamtdosis – nach Umstellung auf Einmaldosis sich nicht von aufgeteilten Dosen unterscheiden.
In diesem Kontext ist es auch wichtig, nicht nur die peripheren Plasmakonzentrationen mit ins Kalkül zu ziehen. Die Halbwertszeit von Lithium in neuronalem Gewebe ist länger als im Plasma. Während Plasma-Lithiumkonzentrationen Konzentrationsspitzen vier bis zwölf Stunden nach Einnahme erreichen, erreichen die Lithiumkonzentrationen im ZNS wegen der Blut-Hirn-Schranke erst nach 24 Stunden den Peak. Der Peak fällt im Gehirn auch weniger ausgeprägt aus wie im Plasma (Ratio 0,5). Auch wird Lithium im neuronalen Gewebe im Vergleich zum Plasma wegen einer längeren Halbwertszeit von 30 Stunden später eliminiert. Die tägliche Einmalgabe wird also ausreichen, um wirksame Spiegel im zentralen Nervensys­tem aufrechtzuerhalten und so die stimmungsstabilisierende Wirkung von Lithium zu gewährleisten. Diese Praxis erlaubt überdies, Nebenwirkungen zu reduzieren.
In der Praxis ergaben sich je nach Dosierungsschema keine Unterschiede in der Lithium-bedingten stimmungsstabilisierenden Wirksamkeit mit Verhinderung beispielsweise manischer Rezidive. Zur gleichen Schlussfolgerung kommt auch eine rezente Übersichtsarbeit (Carter et al., 2013). In Anbetracht einer nächtlichen um 10–30 Prozent reduzierten Lithium-Clearance gibt es Empfehlungen, die nächtliche Einmaldosis um 25 Prozent zu reduzieren. Einmaldosen haben überdies den Vorteil einer gesteigerten Adhärenz.
Retardierte Präparate können in einer Einmaldosis am bes­ten zur Nacht gegeben werden. Nicht retardierte Präparate werden auch als Einmalgabe empfohlen (weitere Lithium-bedingte NW: Tabellen 1, 2a, 2b).
Im Gegensatz dazu empfehlen die gängigen Guidelines, die täglichen Lithiumdosen aufzuteilen. Die Ursache hierfür ist, dass mit dieser Praxis zumindest theoretisch weniger hohe Peaks mit dementsprechend weniger akuten Nebenwirkungen wie Tremor, Fatigue und Tagesmüdigkeit einhergehen (Ljubicic D et al., 2008; Shammi C, 2005). Keine der anderen Studien (Donovan et al., Acta Psychiatr Scand 1993; Abraham et al., Acta Psychiatr Scand 1995; Muir et al., Acta Psychiatr Scand 1989), insbesondere auch nicht die Cross-over-Studie, bei der die Patienten im Verlauf von einem Regime auf das andere geswitcht wurden (Abraham G et al., 1992), konnte einen Unterschied im Auftreten von Nebenwirkungen feststellen.
Dosierungsschemata, die sich mit einer Dosis nur jeden zweiten Tag begnügen, bewirken höhere Rezidivraten (48 vs. 20 Prozent) und kürzere Zeiträume bis zum nächsten Rezidiv (48 vs. 65 Wochen) im Vergleich zu Dosierungen, die täglich vorgenommen werden. Auch ist in diesem Fall die Anzahl der euthymen Patienten nach drei Monaten im Vergleich zur Gruppe mit täglicher Gabe deutlich geringer (48 vs. 87 Prozent) (Jensen HV et al., 1995).
Klinische Empfehlung: Zusammenfassend hat die Einmalgabe am Abend den Vorteil einer erhöhten Adhärenz sowie einer möglichen Dosisreduktion. Die unter Lithium am häufigsten auftretende Nebenwirkung der Polyurie respektive der Polydipsie kann potenziell reduziert werden. Die Aussicht auf eine potenzielle Reduktion eines progressiven strukturellen Schadens am Nierentubulus sollte ebenfalls zur Umstellung ermutigen. Die Reduktion der Nebenwirkungen wird nicht durch eine eventuelle affektive Destabilisierung teuer erkauft. Affektive Nebenwirkungen sollten nach Umstellung aber klinisch näher überwacht werden.
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Welches ist der optimale Lithium-Plasmaspiegel?

Historisch gesehen waren Schou und vor allem Baastrup, der die Lithiumprophylaxe in der bipolaren Störung entwickelte, die Ersten, die Plasmaspiegel von mindestens 0,6mmol/l empfohlen. Schou schloss sich später dem von Jules Angst propagierten therapeutischen Plasmaspiegel von 0,5–0,8mmol/l an. Eine Arbeit war für die langjährig gültige Dosierungspraxis von entscheidender Bedeutung (Gelenberg AJ et al., 1989). Die Anzahl der Patienten ohne Rezidiv mit dem höheren Plasmaspiegel 0,8–1,0mmol/l war nach 183 Wochen signifikant größer als die Anzahl der Patienten mit dem niedrigeren Spiegel (0,4–0,6mmol/l). Die Frage nach dem optimal wirksamen Plasmaspiegelbereich wird in der Literatur derzeit allerdings noch kontrovers abgehandelt. Eine Übersichtsarbeit über die unterschiedlichen Dosierungen kam zu dem Schluss, dass niedrige Konzentrationen (0,6–0,8mmol/l) auch phasenprophylaktisch protektiv sind (Hopkins HS et al., 2000). Andere Studien mit unterschiedlichen Dosierungen konnten dies nicht bestätigen. Diese Kontroverse kann sicherlich teilweise dadurch erklärt werden, dass Patientengruppen mit hohen Dosen aufgrund von Nebenwirkungen höheren Drop-out-Raten unterliegen.
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Heutige gültige Empfehlungen finden sich bei den klinischen Empfehlungen der APA-, CANMAT- und NICE-Guide­lines, allerdings sind auch diese nicht einheitlich (siehe Abbildung). Wurde ein „steady state“ erreicht, empfehlen die CANMAT-Guidelines, die Lithium-Plasmaspiegel auf 0,6–0,8mmol/l einzustellen. Die APA-Guidelines empfehlen für die Prophylaxe niedrigere Spiegel (0,4–0,6mmol/l), wobei höhere Plasmaspiegel (0,8–1,0mmol/l) für die aktive Beherrschung von interkurrenten Manien befürwortet werden.
Viele Psychiater benutzen aber Spiegel zwischen 0,6–0,8mmol/l, die formal nie untersucht wurden. Gegenstand von Diskussionen ist weiters noch das Statement, dass niedrigere Plasmaspiegel (≤6mmol/l) besser depressive als manische Phasen verhindern. Dies schloss die Gruppe um Kleindienst und Severus aus Daten unterschiedlicher Qualität. Eine prospektive Arbeit mit 64 Bipolar-I-Patienten stellt die wissenschaftlich fundierteste Publikation in dieser Richtung dar (Severus WE et al., 2009). Diesen Daten steht die Arbeit von Nolen und Weisler (1999) entgegen. Die Autoren dieser Studie untersuchten Post-hoc-Daten einer doppelblind randomisierten Studie, in der in einem offenen Setting mittels Quetiapin stabilisierte Patienten entweder auf Lithium, Quetiapin oder Plazebo umgestellt und über einen Zeitraum von 104 Wochen beobachtet wurden (Weisler RH et al., 2011). Die Autoren schlussfolgerten, dass Lithium mit Plasmaspiegeln ≥0,6mmol/l dosiert werden sollte, um einen adäquaten prophylaktischen Schutz sowohl gegen manische als auch gegen depressive Episoden zu gewährleisten. Erst weitere hochwertige Publikationen werden endgültige Evidenz bieten können.
Konsens besteht in jedem Fall über die niedrigste phasenprophylaktisch wirksame Dosierung von 0,4mmol/l. Die Dosierung nach Polarität auszurichten bietet jedenfalls den Aspekt eines individuellen Vorgehens mit dem Vorteil der Minimierung von Nebenwirkungen. Aufgrund der engen therapeutischen Breite von Lithium ist eine regelmäßige Überwachung des Plasmaspiegels von großer Bedeutung.
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Wirksamkeit bei bipolaren Störungen

Die Daten zur Wirksamkeit von Lithiumpräparaten in der Therapie der bipolaren Störung streuen über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Dies hat zur Folge, dass aufgrund des Wechsels der operationalisierten diagnostischen Kriterien sowie der unterschiedlichen wissenschaftlichen Qualität der eingeschlossenen Studien die vorliegenden Daten schwer vergleichbar sind.
Erste doppelblind kontrollierte Studien zur antimanischen Wirksamkeit von Lithium verglichen mit Chlorpromazin wurden bereits in den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts publiziert. Auch die Evidenz in neueren randomisierten, kontrollierten Studien belegt eine antimanische Wirksamkeit von Lithium, aber diese tritt erst relativ langsam nach sechs bis zehn Tagen ein (Geddes JR et al., 2004; Gershon S et al., 2009). Aus diesem Grund haben die Autoren der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) eine Lithium-Monotherapie als Therapie zweiter Wahl eingestuft, außer für den Fall, dass Lithium für die Phasenprophylaxe vorgesehen ist. Andere praktisch-klinische Leitlinien empfehlen Lithium als erste Wahl in der Behandlung der akuten Manie (CANMAT, NICE). Die APA-Leitlinien empfehlen bei schwergradigen Manien auch Lithium, aber nur in Kombination mit einem Antipsychotikum oder Valproat. Nur bei leichtgradigen Formen der Manie könnte Lithium als Monotherapie ausreichend sein.

Bezüglich der Wirksamkeit von Lithium als Monotherapie in der bipolaren Depression steht keine gute Evidenz zur Verfügung. Derzeit gibt es insgesamt neun doppelblinde Studien, welche Lithium versus Plazebo untersuchten. Diese suggerieren, dass Lithium Plazebo überlegen ist. Allerdings sind diese Arbeiten methodologisch angreifbar, da acht dieser neun Studien auf einem Cross-over-Design beruhen. Zusätzlich wurde Lithium rasch abgesetzt und dies könnte dementsprechend für einen früheren Rückfall in die Manie oder Depression verantwortlich sein. So hat Lithium eine schwächere antidepressive Wirkung als Monotherapie in der bipolaren Depression, als die früheren Studien suggeriert haben. Die Wirksamkeit von Lithium konnte in neueren Studien wie EMBOLDEN I (Young AH et al., 2010) nicht von Plazebo separiert werden. Die antidepressive Wirksamkeit von Lithium ist daher schlechter einzuschätzen als die akute antimanische, auch nicht zuletzt dadurch, dass der Wirkungseintritt erst nach sechs bis acht Wochen beobachtet werden kann.
Um endgültige Aussagen über die antidepressive Wirksamkeit von Lithium treffen zu können, bräuchte es Direktvergleiche zwischen Lithium und den verschiedenen neueren Antidepressiva, diese Vergleiche sind derzeit nicht vorhanden. Trotzdem empfehlen z.B. die APA-Leitlinien Lithium als antidepressives Monotherapeutikum, außer es handelt sich um eine schwergradige Episode, bei der eine Kombination mit einem Antidepressivum empfohlen wird. Lithium hat trotzdem in der Kombination mit anderen Therapeutika wie Antidepressiva einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung der bipolaren Depression, auch wenn die Evidenz sehr beschränkt ist und sich meistens auf offene Studien gründet. Auf Lithium sprechen klassisch-euphorische Zustandsbilder besser an als beispielsweise gemischte Episoden oder manische Dysphorie. Valproat ist Lithium bei gemischter Manie überlegen.
Psychotische Symptome sind bei zirka 50 Prozent aller manischen Episoden fassbar. Ob bei Lithium auch eine antipsychotische Wirksamkeit besteht, ist eine der miss­verständlichsten und am wenigsten studierten Themen der Literatur. Vielleicht beruht dies auf der gängigen klinischen Praxis, bei Vorhandensein psychotischer Symptome gleich ein Antipsychotikum zu implementieren. John Cade berichtete bereits über antipsychotische Effekte von Lithium. Er nannte seine erste Arbeit zu diesem Thema dann auch „Die Therapie psychotischer Zustände“. In den 80ern folgten einige Arbeiten, die diese ersten Beobachtungen bestätigten, allerdings nur an wenigen Patienten untersucht. Nur wenige Studien haben die Wirksamkeit von Lithium in der Therapie der psychotischen Manie sys­tematisch untersucht, auch diese kommen durchwegs zu positiven Ergebnissen.
Im Kontrast zu seiner Rolle in den akuten Phasen spielt Lithium eine wichtige phasenprophylaktische Rolle. Zwischen 1970 und 1973 wurden acht Plazebo-kontrollierte Studien in der Phasenprophylaxe mit insgesamt 798 Patienten (Lithium oder Plazebo) durchgeführt. Allerdings wurden sechs dieser Studien mit einem Absatz-Design durchgeführt. Die Rezidivrate bei Patienten mit Lithium betrug 30 Prozent (0–57%) im Vergleich zu derjenigen mit Plazebo, die mit 70 Prozent (33–95%) doch deutlich höher ausfiel. Die phasenprophylaktische Rolle wurde bisher in einem Cochrane Review (Burgess S et al., 2001) sowie in zwei Metaanalysen (Davis JM et al., 1999; Geddes JR et al., 2004) bestätigt.
Im Unterschied zu den phasenprophylaktischen Daten manischer Rezidive wird die Rolle von Lithium bei der Verhinderung depressiver Episoden kontroversiell diskutiert. Einige Studien konnten einen signifikanten Unterschied zu Plazebo in der Prophylaxe depressiver Rezidive dokumentieren, während andere Studien dies nicht bestätigen konnten. Die maximale Wirksamkeit der Lithium-Erhaltungstherapie tritt vielleicht nicht sofort ein. Bei fortlaufender Therapie nehmen aber die Zahl, Schwere und Frequenz der Rückfälle ab. Wichtig ist, in dieser Zeit nicht in pharmakologischen Aktionismus zu verfallen und mit einem raschen Wechsel der Medikation die affektive Stabilität zu gefährden.
Lange beschäftigt sich die Literatur zum Teil sehr kontrovers mit der Frage, ob Lithium auch in der phasenprophylaktischen Therapie von Bipolar-II-Patienten (BP II) wirksam ist. Nach Koukopoulos und Maj (1999) sind depressive BP-II-Patienten sogar therapieresistent auf Lithium.
Einige Arbeiten legen nahe, dass Lithium auch bei dieser Subgruppe bipolarer Patienten phasenprophylaktische Wirksamkeit zeigt, auch wenn die Resultate aufgrund der sehr unterschiedlichen Methoden nicht hinreichend vergleichbar sind.
Dunner und Fieve (1974) fanden, dass Patienten mit vier oder mehr Episoden pro Jahr, also Patienten mit Rapid-cycling-Verläufen, weniger responsiv auf Lithium waren als jene mit weniger Episoden. Seither ist umstritten, ob Valproat im Vergleich zu Lithium eine bessere phasenprophylaktische Wirksamkeit in dieser Population zeigt. Eine neuere kontrollierte Studie versucht, diese Unklarheit zu erhellen (Calabrese JR et al., 2005). Die Rezidivraten unter Therapie mit Lithium vs. Valproat zeigten keinen Gruppenunterschied und betrugen 56 vs. 50 Prozent. Bemerkenswerterweise waren 76 Prozent der Patienten (n=254) Drop-outs in der offenen Stabilisierungsphase. Der verbleibende Rest von 24 Prozent (n=60) wurde randomisiert. Von diesen verbliebenen erlitten 53 Prozent ein Rezidiv (59 Prozent in die Depression und 41 Prozent in eine hypomane, manische oder gemischte Episode). Da nach der akuten Phase nur ein Bruchteil in den kontrollierten Teil der Studie aufgenommen wurden, und sich nach 80 Wochen in der Lithium-Gruppe nur mehr drei und in der Valproat-Gruppe nur mehr fünf Patienten wiederfanden, kann man keine allgemeinen Schlüsse aus dieser Studie ziehen. So bleibt diese Frage weiterhin offen.
Klinische Empfehlung: Der Behandler kann Lithium bei der akuten Manie einsetzen, auch wenn Antipsychotika klinisch einfacher zu handhaben sind und hier der Wirkungseintritt deutlich früher zu erwarten ist. Wenn Lithium in die phasenprophylaktische Therapie überführt werden soll, stellt dieses (oder Valproat) ein Erste-Wahl-Medikament dar. Wenn eine schwere manische Episode vorliegt, kann Lithium im Sinne einer Augmentation einem neueren Antipsychotikum hinzugefügt werden. Dysphorische oder gemischte manische Zustande sprechen weniger gut auf Lithium an als klassisch euphorische Manien. Psychotische Symptome sind kein Hindernis, Lithium mit Erfolg einzusetzen, auch wenn die gängige Praxis hier ein Antipsychotikum bevorzugt.
Bei der akuten bipolaren Depression sollte Lithium als Monotherapie nicht eingesetzt werden, obwohl eine Augmentation zu einem Antidepressivum klinisch hilfreich sein kann.
Die phasenprophylaktischen Daten zur Verhinderung manischer Episoden sind gut, die zur Prophylaxe depressiver Rezidive inkonkludent. Die Prophylaxe bei Bipolar-II-Patienten scheint erfolgreich zu sein, auch wenn hier ein Widerspruch zu bestehen scheint. Eine Empfehlung zum prophylaktischen Einsatz bei Rapid-cycling-Verläufen kann derzeit in Ermangelung von guter Evidenz nicht gegeben werden.

Gibt es exzellente Lithium-Responder?

Exzellente Lithium-Responder sind Patienten, deren Leben durch eine Lithium-Prophylaxe vollkommen verändert wurde, da vollständige Reduktionen der Symptome über einen Zeitraum von 30 Jahren berichtet wurden. Dies betrifft ungefähr ein Drittel der mit Lithium Behandelten. Exzellente Lithium-Responder werden als Endophänotypen der bipolaren Erkrankung angesehen. Man hat gesehen, dass das Ansprechen auf Lithium innerhalb von Familien clustert. Zugrunde liegende genetische Studien sind derzeit in Vorbereitung.
Klinische Empfehlung: Eine ausführliche Familienanam­nese über eine eventuelle Wirksamkeit von Lithium sollte die allgemeine Anamnese ergänzen, damit man exzellente Lithium-Responder identifizieren kann und diesen nicht ein potenziell besonders wirksames Medikament vorenthält.
Ist Lithium antisuizidal wirksam?
Die antisuizidale Wirksamkeit von Lithium wurde in mehreren Studien eindrucksvoll belegt.
Klinische Empfehlung: Lithium besitzt eine gut dokumentierte antisuizidale Wirksamkeit und sollte bei gefährdeten Patienten eingesetzt werden.

Welche Folgen hat ein Absetzen?
Bipolare Störungen sind hochgradig rezidivierende Erkrankungen. Das „Systematic Treatment Optimization Program for Early Mania“ (STOP-EM) beobachtete 53 Patienten mit einer ersten manischen Episode über ein Jahr und fand, dass über die Hälfte dieser Patienten, trotz laufender Therapie, in diesem Zeitraum nach einer medianen Dauer von 7,9 Monaten ein Rezidiv entwickelten (Yatham LN et al., 2009). Die mittlere Dauer einer manischen Episode bei 219 Bipolar-I-Patienten in einem 25 Jahre dauernden Beobachtungszeitraum betrug 13 Wochen (Solomon DA et al., 2010). Schon 1991 konnten Suppes und Kollegen in einem Review mit 14 eingeschlossenen Studien zeigen, dass Patienten mit Bipolar-I-Erkrankung (n=257) nach einer stabilen Erhaltungstherapie (30 Monate) mittels Lithium nach Absetzen dieser Therapie eine deutlich gesteigerte Rate von vor allem manischen Rezidiven zeigten. Mehr als 50 Prozent der Rezidive fanden innerhalb der ersten zehn Wochen nach Absetzen statt. Kontrollierte Studien (Baldessarini RJ et al., 1999; Yazici O et al., 2004) kamen auch zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zu einer Fortsetzung das Absetzen von Lithium bei einer erfolgreich durchgeführten Therapie von im Mittel fünf Jahren mit deutlich erhöhten Rezidivraten verbunden ist. Zusammenfassend kommt Guy Goodwin (1994) in einem Editorial zu dem Schluss, dass das Absetzen einer Lithiumtherapie mit einem hohen Rezidivrisiko verbunden ist.
Klinische Empfehlung: Das Absetzen der Lithiumtherapie ist mit einer drastischen affektiven Destabilisierung verbunden.

Rasch absetzen oder langsam ausschleichen?

Faedda und Kollegen untersuchten im Jahr 1993 die klinischen Auswirkungen eines raschen Absetzens innerhalb von 1–14 Tagen versus eines langsamen Ausschleichens über 15 Tage von Lithium bei 64 BP-I- und -II-Patienten. Rasches Absetzen war im Vergleich zu langsamem Ausschleichen mit einer fünfmal kürzeren Zeit, bis zu einem 50-prozentigen Risiko, eine Manie oder eine Depression zu entwickeln, verbunden. Diese Annahme wurde auch in einer späteren Arbeit bestätigt (Baldessarini RJ et al., 1996). Ebenfalls steigt die Suizidalität nach abruptem Absetzen stark an (Baldessarini RJ, 1999). Perlis et al. (2002) mutmaßten, dass ein abruptes Absetzen bezüglich des Risikos eines Rezidivs mehr Gewicht haben könnte als absolute Lithium-Plasmaspiegel. Abrupte Reduktionen von Lithium-Plasmaspiegeln von ≥0,2mmol/l beinhalten ein höheres Rezidivrisiko (Severus WE et al, 2009).
Klinische Empfehlung: Bei Absetzen der Therapie sollte Lithium ausgeschlichen werden.

Entwickelt sich eine Toleranz?

Nur eine prospektive Studie widmete sich bisher der Fragestellung, ob sich unter chronischer Lithiumeinnahme eine Toleranz entwickeln kann (Coryell W et al., 1997). Die wichtigste bisher publizierte Zusammenfassung der Literatur berichtet über rare Fälle, in denen es nach jahrelanger erfolgreicher Lithiumtherapie zu gehäuften Rezidiven kommt (Kleindienst N et al., 1999). Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass trotz einzelner Fallberichte über eine Zunahme von Episoden unter Lithiumtherapie die Literatur die Einschätzung einer generellen Toleranzentwicklung nicht zulässt.
Klinische Empfehlung: Der Behandler kann sich auf eine kontinuierlich gute Wirksamkeit von Lithium in der Langzeittherapie einstellen.

Therapieresistenz durch Wiederaufnahme?

Zum ersten Mal berichtete Post und Kollegen (1992) bei vier bipolaren Patienten über eine Therapieresistenz auf Lithium bei vorhergehendem Absetzen der Substanz. Mindes­tens fünf publizierte prospektive Kohortenstudien untersuchten daraufhin eine Therapieresistenz auf Lithium nach Absetzen. Zwei Arbeiten konnten die Annahme bestätigen, und drei Publikationen widerlegten diesen ersten Befund. Eine rezente Arbeit inkludiert einen Review der Literatur sowie eine Metaanalyse der vorhandenen Daten. Die Autoren verglichen die Rezidivraten von Patienten mit Therapieunterbrechung mit jenen von Patienten mit kontinuierlicher Lithiumtherapie und fanden keinen schlüssigen Beweis für die von Post aufgestellte Hypothese. DeVries und Kollegen (2013) schlussfolgerten, dass es Subgruppen von Patienten gibt, bei denen es nach neuerlicher Implementierung von Lithium zu einem schlechteren Ansprechen kommen könnte.
Klinische Empfehlung: Eine einmal unterbrochene Lithiumtherapie kann ohne Wirkverlust wieder aufgenommen werden.

Dosierung bei älteren Patienten reduzieren?

Die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen mit Lithium bei älteren Patienten ist so wirksam wie in der Allgemeinbevölkerung (Wilkinson et al., 2002). Lithium hat eine schmale therapeutische Breite, und eine Studie berichtet von Mortalitätsraten von Lithiumtoxizität bei Überdosierung von ca. 25 Prozent. Die Mortalitätsrate von intoxikierten Patienten während einer Erhaltungstherapie beträgt neun Prozent, zehn Prozent dieser Intoxikierten tragen einen permanenten neurologischen Schaden davon. Die Lithium-Neurotoxizität kommt bei Älteren schon bei Plasmakonzentrationen zum Tragen, die in der Allgemeinbevölkerung als therapeutisch betrachtet werden. Hierfür gibt es mehrere Ursachen. Eine der Ursachen besteht in einem Rückgang der Körperflüssigkeit mit zunehmendem Alter, mit dementsprechender Erhöhung der Lithiumkonzentration. Eine zweite Ursache besteht in der Tatsache, dass Lithium über die Nieren ausgeschieden wird und die glomeruläre Filtrationsrate mit dem Alter abnimmt. Auch durch diesen Mechanismus entstehen höhere Lithium-Plasmakonzentrationen mit höherer Wahrscheinlichkeit von Lithiumtoxizität. Eine andere Ursache eines erhöhten Risikos einer Lithiumintoxikation besteht in Medikamenteninteraktionen. Dies ist von klinischer Bedeutung, da es zu pharmakokinetischen Interaktionen zwischen Lithium und Thiaziddiuretika, Angiotensin-Converting-Enzym-Inhibitoren und nicht steroidalen Antiphlogistika kommt, allesamt Medikamente, die bei Älteren häufig in Verwendung sind (Tabelle 3).
Klinische Empfehlung: Bei älteren Patienten oder bei Kombinationen mit anderen Medikamenten sollten nied­rigere Spiegel verwendet werden.
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Klinisches Management bei Lithiumtherapie

  • Vor Beginn der Therapie: Erhebung der eigenen und familienanamnestischen Belastung mit Schilddrüsendysfunktionen, Herzerkrankungen sowie der Komedikation. An Laborwerten sollen erhoben werden: renale Kreatinin-Clearance, eGFR, TSH sowie T3 und T4, Kalzium, Phosphat, Parathormon, Glukose und Elektrolyte. Bei potenziell gebärfähigen Frauen sollte ein Schwangerschaftstest durchgeführt werden. Bei Implementierung von Lithium sollte eine effektive Kontrazeption durchgeführt werden. Ein EKG bei über Vierzigjährigen und ein EEG bei Patienten mit epileptischen Anfällen oder einer Epilepsie in der Anamnese sollten ebenfalls veranlasst werden.
  • Beginn der Therapie: Diverse Strategien wurden in der Literatur berichtet. Die allgemeinen Empfehlungen bei nicht akuter Symptomatik bestehen darin, mit kleinen geteilten täglichen Dosen bis zu 450mg zu beginnen, um dann die Dosis nach Plasmaspiegelkontrolle zu adjustieren. Bei Lithium-naiven Patienten sollten niedrigere Plasmaspiegel von 0,8–1,0mmol/l angestrebt werden, um interindividuelle Unterschiede auszugleichen. Das „National Institute of Health and Clinical Excellence“ (NICE/UK) empfiehlt niedrigere Plasmaspiegel (0,6–0,8mmol/l), die bei Auftreten eines Rezidivs auf 0,8–1,0mmol/l erhöht werden können. Diese vorsichtigere Dosierung wurde auch in den frühen Tagen der Lithiumtherapie empfohlen. Bei akuten manischen Episoden empfiehlt es sich, mit einer Anfangsdosis von mindestens 900mg Lithium pro Tag zu beginnen. Dieses Regimen wird im angloamerikanischen Sprachraum als „loading dose“ bezeichnet. In der Akutbehandlung der Manie werden Lithium-Plasmakonzentrationen von 1,0–1,2mmol/l angestrebt. Bei einem Spiegel oberhalb von 1,2mmol/l kann es zu Intoxikationserscheinungen kommen. Während der Initiierung von Lithium oder nach Steigerung der Dosis sollte ein Lithium-Plasmaspiegel nach Erreichen eines „steady state“ nach frühestens fünf Tagen erhoben werden, manche Autoren empfehlen erst nach einer Woche. Im weiteren Verlauf sollte eine Kontrolle einmal pro Woche über sechs Wochen erfolgen. Die Blutabnahme sollte idealerweise zwölf Stunden (10–14 Stunden) nach letzter Lithiumeinnahme erfolgen. Die ISBD (International Society for Bipolar Disorders) empfiehlt, zwei konsekutive Werte bei gleichbleibender Dosis zu erheben. Eine Umstellung einer Zweimalgabe auf eine Einmaldosis zur Nacht hilft, die Dosis um 25 Prozent zu reduzieren und dementsprechende Nebenwirkungen hintanzuhalten. Überdies kann man dadurch potenziell die Adhärenz steigern.
  • Therapeutisches Monitoring in der Phasenprophylaxe: Die Kontrolle der Plasmaspiegel in der Phasenprophylaxe sollte bei gesunden Patienten vierteljährlich erfolgen,bei älteren oder multimorbiden Patienten alle sechs bis acht Wochen. Bei zusätzlicher Gabe von Medikamenten, die den Natriumhaushalt beeinflussen (z.B. Diuretika, ACE-Hemmer und nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)) ist Vorsicht geboten, da Natrium und Lithium als jeweils einfach geladene Kationen um die tubulären Rückresorptionsmechanismen konkurrieren. Diuretika, insbesondere Thiaziddiuretika, erhöhen die Lithium-Plasmaspiegel um 20–40 Prozent. Vorsicht vor Überdosierung ist ebenfalls geboten bei Flüssigkeitsverlust (Schwitzen, Diarrhö, Fieber, Erbrechen etc.), bei salzarmer Diät sowie Narkosen und operativen Eingriffen. Die Kontrolle der Schilddrüsenparameter (TSH ggf. T3/T4) sollte halbjährlich erfolgen, die Parameter der Nebenschilddrüse (Kalzium, Parathormon, Phosphat) sollten einmal pro Jahr kontrolliert werden (Tabelle 4a und 4b).

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Literatur beim Autor
Univ.-Prof. Dr. Armand Hausmann
Department für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Universität Innsbruck
E-Mail: armand.hausmann@i-med.ac.at

Lecture Board:
O. Univ.-Prof. Dr. h.c. mult Dr. Siegfried Kasper,
Univ.-Prof. DDr. Gabriele Sachs