Wenn epileptische Anfälle mit den ersten zwei Antiepileptika nicht unter Kontrolle gebracht werden können oder wenn die Verträglichkeit mehrerer Antiepileptika nicht gegeben ist und dadurch keine Anfallsfreiheit erreicht werden kann, müssen mehrere Therapieformen in Betracht gezogen werden. Der Nachweis der Therapieresistenz sollte ein bis drei Jahre nach Beginn der antiepileptischen Therapie vorliegen. Viele Patienten kommen erst nach einer Krankheitsdauer von 15 und mehr Jahren zu einer prächirurgischen Abklärung.

Ein Großteil der Patienten, bei denen eine Epilepsie diagnostiziert wird, spricht gut auf eine erste oder zweite antikonvulsive Therapie an. Ca. 65 bis 70 Prozent der Patienten werden zu diesem Zeitpunkt anfallsfrei. Aufgrund der Vielzahl von Antiepileptika, die heutzutage für eine Monotherapie zur Verfügung stehen, ist dies in der Regel auch ohne signifikante Nebenwirkungen zu erreichen. Bei dieser Gruppe von Patienten ist das optimale Therapieziel erreicht. Anders verhält es sich, wenn die Anfälle mit den ersten zwei Antiepileptika nicht unter Kontrolle gebracht werden können oder wenn die Verträglichkeit mehrerer Antiepileptika nicht gegeben ist und dadurch keine Anfallsfreiheit erreicht werden kann. Im folgenden Artikel sollen die Therapieoptionen, die bei therapieresistenten Epilepsien im Erwachsenenalter bestehen, erläutert und neueste Entwicklungen aufgezeigt werden.

Therapieresistenz

Die internationale Liga gegen Epilepsie hat eine Konsensus- Empfehlung für die Definition der Therapieresistenz erstellt. Definition der therapieresistenten Epilepsie: Versagen von adäquaten Therapieversuchen von zwei in Mono- oder Kombinationstherapie gut tolerierten, für das Epilepsiesyndrom und den Anfallstyp zutreffend ausgewählten Antiepileptika-Therapien auf einer adäquaten Dosis für eine ausreichende Dauer, um anhaltende Anfallsfreiheit zu erreichen. Darüber hinaus ist eine weitere Empfehlung der internationalen Liga gegen Epilepsie für symptomatische Epilepsie bei Kavernomen erstellt worden. Zeichnet sich hier ab, dass die Anfälle aus der Lokalisation eines Kavernoms kommen, ist Therapieresistenz bzw. Indikation zur epilepsiechirurgischen Behandlung schon nach dem Versagen des ersten Medikamentes gegeben.

differenzialdiagnosen

Dies erklärt sich aus der zusätzlichen Morbidität der intrakraniellen Blutungen, die von Kavernomen ausgeht. Zusätzlich zeigen Kavernome ein gutes Outcome im Rahmen der Epilepsiechirurgie, vorausgesetzt, dass hier eine adäquate prächirurgische Diagnostik betrieben wurde. In internationalen Leitlinien ist hervorgehoben, dass zu dem Zeitpunkt, wo eine therapieresistente Epilepsie vorliegt, eine weitere Diagnostik in einem Spezialzentrum erfolgen muss. Dies geschieht aus mehreren Überlegungen:

1. Zur Diagnosesicherung der Epilepsie: Bis zu 30 Prozent von Patienten mit therapieresistenten Epilepsien in Epilepsiezentren werden nach ausführlicher Diagnostik, insbesondere Video-EEG-Monitoring, einem Diagnosewechsel auf eine nicht epileptische Diagnose unterzogen. Daher ist die Diagnosesicherung zu diesem Zeitpunkt extrem wichtig. Die hohe Rate an Fehldiagnosen beruht insbesondere auf der Tatsache, dass in der Regel die Epilepsie nur aufgrund von Patientenschilderungen, Fremdanamnese und sekundären Indizien basiert.

In den seltensten Fällen tritt ein Anfallsereignis während einer neurophysiologischen oder klinischen Untersuchung auf. Mögliche Differenzialdiagnosen zur Epilepsie sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die häufigsten Differenzialdiagnosen sind vasovagale Synkopen und nicht epileptische Anfälle. Seltener, aber sehr wichtig bezüglich Therapieanleitung, ist die Diagnose von kardialen Synkopen. Aufgrund der potenziellen Mortalität sowie des guten Ansprechens auf Therapie ist hierauf ein besonderes Augenmerk zu legen.

2. Weitere Therapieoptionen nach Sicherung der Diagnose: Ist die Diagnose einer Epilepsie gesichert, stellt sich die Frage nach weiteren Therapieoptionen. Für alle Epilepsien gilt, dass weitere therapeutische Optionen mit Antiepileptika in Mono- oder Kombinationstherapie bestehen. Neben der Behandlung mit Antiepileptika gibt es aber weitere Therapieformen, die durchaus in Betracht zu ziehen sind. Diese sollen im Folgenden weiter erläutert werden.

Fokale Epilepsien und Autoimmungenese

Bei fokalen, therapierefraktären und insbesondere Temporallappenepilepsien sind in der letzten Dekade immer häufiger autoimmunmediierte Ätiologien mit verschiedensten Antikörpern beschrieben worden. Diese Antikörper zählen zu den onkoneuralen Antikörpern, sind aber größtenteils gegen Oberflächenantigene gerichtet, während die klassischen Autoantikörper (Anti-HU etc.) gegen zytoplasmatische Antigene gerichtet sind. Limbische Enzephalitiden, besonders durch VGKC-Antikörper hervorgerufen, sowie die inzwischen gut beschriebene NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, die über das limbische System hinausgeht, sind klassische und jetzt immer häufiger nachzuweisende Ätiologien. Insbesondere bei initial hoher Anfallsfrequenz, die nicht adäquat auf eine Therapie anspricht, zusätzlicher Komorbidität von psychiatrischen Auffälligkeiten und bestimmten Anfallsformen wie brachiofazialen Anfällen, ist an diese Diagnose zu denken.

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Limbische Enzephalitiden können paraneoplastisch und nicht paraneoplastisch bedingt sein. Daher ist ein intensives Tumorscreening in diesen Fällen essenziell und sollte auch wiederholt durchgeführt werden. Der Nachweis von Antikörpern schließt eine paraneoplastische Genese nicht aus, allerdings gibt es bestimmte Antikörper, bei denen diese mehr oder weniger wahrscheinlich ist (siehe Tabelle 2). Sollten keine Antikörper nachgewiesen werden, ist eine autoimmunmediierte Genese nicht auszuschließen. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die Nachweise der Antikörper im Serum und Liquor erfolgen sollten. Indiz für eine potenzielle Immungenese sind auch positive oligoklonale Banden im Liquor.

Wird die Diagnose einer limbischen oder NMDA-Rezeptorenzephalitis gestellt, sollte immunsuppressiv behandelt werden. Dies kann mit einer Cortisontherapie, aber auch mit Immunglobulinen oder Plasmapherese erfolgen. Ist ein erstes Behandlungsregime mit z.B. Cortison nicht erfolgreich, die Diagnose aber gesichert, kann eine Eskalation der Immunsuppression erwogen werden. Insbesondere bei NMDA-Rezeptorenzephalitiden, aber auch bei anderen Antikörper-assoziierten Enzephalitiden hat sich das immunsuppressive Schema nach Dalmau mit Endoxan (Cyclophosphamid) und MabThera (Rituximab) bewährt.

Ziel ist eine deutliche Reduktion der Anfallshäufigkeit oder sogar Anfallsfreiheit. Zusätzliche Outcome-Marker können auch EEG-Veränderungen, die weiteren Komorbiditäten wie psychiatrische Auffälligkeiten oder Bewegungsstörungen (z.B. im Fall der NMDA-Rezeptorenzephalitis) und deren Verlauf darstellen. Wiederholte Bestimmungen der Antikörper, insbesondere im Liquor, können Hinweis auf ein Ansprechen der Therapie sein. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass nicht durchgängig eine Negativität für Antikörper erreicht werden kann.

Chirurgische Therapieoptionen

Bei therapierefraktären fokalen Epilepsien, bei denen eine autoimmune Genese unwahrscheinlich oder ausgeschlossen ist, sollte auch die mögliche Option einer epilepsiechirurgischen Maßnahme abgeklärt werden. Dies geschieht in Spezialzentren, in denen eine prächirurgische Epilepsiediagnostik durchgeführt wird. Ziel dieser Diagnostik ist es, einen möglichst monofokalen Anfallsursprung zu lokalisieren und gleichzeitig die Hirnfunktion dieser Lokalisation zu überprüfen. Letzteres dient dazu auszuschließen, dass durch die Operation ein neurologisches Defizit zwangsläufig herbeigeführt wird. Die prächirurgische Basisdiagnostik beinhaltet eine ausführliche klinische Anamnese, Untersuchung und Fremdanamnese, ein meist mehrtägiges Video-EEG-Langzeitmonitoring mit Aufzeichnen mehrerer Anfälle – möglichst aller klinischen Semiologien, eine hochauflösende, nach epilepsiespezifischen Anforderungen durchgeführte cerebrale MRT sowie eine neuropsychologische Testung.

Lässt sich aufgrund der Befunde dieser Untersuchungen bereits eine klare Hypothese für einen Anfallsursprung und eine potenzielle Operabilität stellen, kann die Indikation zur Epilepsiechirurgie gestellt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, stehen weitere zahlreiche Untersuchungen zur Verfügung. Hierunter zählen zusätzliche Nachbearbeitungen des MRTs, z.B. Voxel-basierte Morphometrie, um bei unauffälligen MRT-Befunden die Ausbeute an Detektion von insbesondere fokalen kortikalen Dysplasien und anderen Missbildungen der Kortikogenese festzustellen. Kann mittels des Oberflächen-EEGs ein Anfallsursprung nicht eindeutig lokalisiert werden, besteht die Möglichkeit, bei einer gegebenen Hypothese intrakranielle Elektroden als Streifen, Platten oder Tiefen-/Stereo-EEG-Elektroden zu implantieren. Hierüber wird erneut EEG abgeleitet mit dem Ziel, den Anfallsursprung und dessen Lage zu eloquenten Arealen gegebenenfalls besser abgrenzen zu können.

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Weitere bildgebende Verfahren stehen in der Nuklearmedizin zur Verfügung. Hier können iktale SPECT-Untersuchungen, insbesondere mit computergestützter Verrechnung zum interiktalen SPECT und Überlagerung auf das MRT (SISCOM), einen weiteren Hinweis auf die Schrittmacherzone der Epilepsie geben. FDG-PET-Untersuchungen sind insbesondere bei Temporallappenepilepsien aufschlussreich, wenn ein unifokaler Hypometabolismus in der PET vorliegt. Dies würde für einen ipsilateralen Anfallsursprung sprechen. Des Weiteren kann die funktionelle MRT (fMRT) weitere funktionelle Hinweise geben. Insbesondere die Darstellung der Sprachlateralisation lässt sich mit der fMRT nicht invasiv gut darstellen. Dies macht in vielen Fällen den invasiven Wada-Test (intraarterieller Amobartial-Test) überflüssig.

Ferner lassen sich motorische Areale sowie Hinweise auf Sprachareale und Gedächtnisareale finden. Hierbei ist die klare lokalisatorische Zuordnung in der fMRT gegenüber Epilepsiechirurgie nach wie vor umstritten, insbesondere da es sich hier um eine aktivierende Methode handelt, während eine epilepsiechirurgische Maßnahme deaktivierend ist. Die prächirurgische Epilepsiediagnostik wird nach Empfehlung der ILAE an spezialisierten Zentren durchgeführt, die zum einen über die technische Ausstattung und das klinische Know-how verfügen, diese Untersuchung durchzuführen, bei denen ein multidisziplinäres Team mit Neurologen, Epileptologen, Neurochirurgen, Neuroradiologen, Neuropsychologen, Psychiatern und Nuklearmedizinern sowie Neuropathologen besteht. Hierbei wird in epilepsiechirurgische Zentren der Stufe 1 (keine invasiven Eingriffe, keine Neuropathologie vor Ort erforderlich) und Stufe 2 (Durchführung von invasiven diagnostischen Maßnahmen und Vorhandensein einer Neuropathologie) unterteilt.

Hintergrund der Abklärung einer epilepsiechirurgischen Möglichkeit zu diesem Zeitpunkt ist, dass, sollte eine epilepsiechirurgische Maßnahme möglich sein, eine bis zu 80-prozentige Chance besteht, dauerhafte Anfallsfreiheit zu erreichen. Daher stellt die Epilepsiechirurgie eine überlegene Alternative zur medikamentösen Behandlung dar, die zu diesem Zeitpunkt nur eine bis zu 15-prozentige Chance hat, dauerhaft (mehr als ein Jahr) Anfallsfreiheit zu erreichen. Dies wurde durch zwei randomisierte kontrollierte Studien mit hoher Evidenz belegt. Langzeitdaten mit zehn- und mehrjährigem Outcome der Epilepsiechirurgie zeigen in der Regel leicht reduzierte Zahlen der Anfallsfreiheit, jedoch bleibt diese bei Temporallappenepilepsien weiterhin über 50 Prozent. Dies ist zu vergleichen mit den Studien über medikamentöses Therapie- Outcome, in dem eine langfristige Anfallsfreiheit oft mit einer Anfallsfreiheit von mindestens zwölf Monaten definiert wird.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass eine epilepsiechirurgische Maßnahme, wenn sie möglich ist, einen sehr hohen therapeutischen Wert hat und die Lebensqualität des Patienten mit Epilepsie nachhaltig signifikant verändert. Leider wird die Überweisung zu einer prächirurgischen Abklärung zumeist nach wie vor zu einem deutlich späteren Zeitpunkt durchgeführt, als es laut Behandlungsrichtlinien und der Datenlage empfohlen ist. Viele Patienten kommen erst nach einer Krankheitsdauer von 15 und mehr Jahren zu einer solchen Abklärung. Dabei sollte der Nachweis der Therapieresistenz je nach Anfallshäufigkeit ca. ein bis drei Jahre nach Beginn der antiepileptischen Therapie vorliegen (Abbildung).

Stimulatoren

Neben den resektiven epilepsiechirurgischen Verfahren gibt es auch mehrere Verfahren, die Stimulatoren nutzen:
Vagus-nerv-Stimulator ist der am häufigsten und längsten eingesetzte Stimulator in der Behandlung der Epilepsie. In der seit über 15 Jahren in der derzeitigen Form angewandten Therapie führt eine am Nervus vagus angebrachte Elektrode zu einer Stimulation der afferenten Nervenfasern des Nervus vagus. Diese Information wird über den Hirnstamm zu verschiedenen Aktivierungsmustern im Gehirn weitergeleitet. Die Erfolgsrate dieser Therapie ist ähnlich wie die Erfolgsrate eines weiteren antiepileptischen Medikamentes bei therapierefraktärer Epilepsie. Die Responderrate liegt bei ca. 50 Prozent, Anfallsfreiheit ist in der Literatur mit fünf bis sieben Prozent angegeben.

Es gibt inzwischen mehrere Arbeiten, die nachweisen, dass, wenn eine therapeutische Antwort auf den Vagus-nerv-Stimulator eintritt, diese auch langfristig über Jahre erhalten bleibt. Zusätzlich zu dem Effekt der Reduktion der Anfallsfrequenz ist eine Stimmungsaufhellung zu verzeichnen, die von vielen Patienten positiv erlebt wird. Dies ist insbesondere bei der Komorbidität von Depression zu bedenken. Das Nebenwirkungsspektrum des Vagus-nerv-Stimulators ist anders als das der antiepileptischen Therapie. Häufigste Nebenwirkungen sind Heiserkeit während der Stimulation, Hustenreiz und Parästhesien vor allen Dingen im Rachen. Das Risiko von Infektionen liegt bei ca. zwei Prozent. Zusätzlich können Patienten durch einen Magneten, der z.B. an einem Armband am Handgelenk getragen werden kann, eine zusätzliche Stimulation des Gerätes auslösen, was insbesondere bei Vorliegen von Auren hilfreich sein kann.

Die Vagus-nerv-Stimulation hat ein breites Anwendungsspektrum und ist bei fokalen und generalisierten Epilepsiesyndromen indiziert. Besonders hervorzuheben ist das gute Ansprechen von Sturzanfälle im Rahmen eines Lennox-Gastaut-Syndroms auf eine Vagus-nerv-Stimulation. Diese sollte auf alle Fälle durchgeführt werden, bevor an eine chirurgische Maßnahme (Kallosotomie) zur Therapie der Sturzanfälle gedacht wird. Der Vagus-nerv-Stimulator kann auch bei mentaler Retardierung und bei Kindern eingesetzt werden. Neu ist, dass es jetzt auch Stimulatoren gibt, die eine Anfallserkennung über eine iktale Herzfrequenzzunahme durchführen. Hierbei wird bei entsprechender Herzfrequenzzunahme ein zusätzlicher Stimulus gesetzt, um möglichst die Anfallsaktivität im Beginn durch die Stimulation zu unterbrechen. Weiterhin neu ist die Entwicklung von kutanen Vagus-nerv-Stimulatoren, die z.B. über eine Elektrode im Ohr einen ähnlichen Effekt hervorrufen können wie die implantierten Vagus-nerv-Stimulatoren. Derzeit ist eine Phase-III-Studie im Gange, die die therapeutische Wirkung dieser Methode belegen soll.

Die Tiefenhirnstimulation ist inzwischen auch ein für die Behandlung der therapierefraktären Epilepsie zugelassenes Verfahren. Nach der SANTE- Studie, bei der der anteriore Nukleus des Thalamus als Zielstruktur verwendet wurde, ist eine Reduktion des Medians der Anfallshäufigkeit um 40 Prozent, verglichen mit der Plazebo- Gruppe (simulierte Stimulation) von 15 Prozent, nachgewiesen worden. Als signifikante Nebenwirkung fiel vor allen Dingen die Depression auf. Die Patienten, die hier mit einer therapierefraktären fokalen Epilepsie zur Stimulation ausgesucht wurden, waren alle nicht einem epilepsiechirurgischen Verfahren zugänglich und hatten hohe Anfallsfrequenzen.

Diese Therapie wird derzeit an wenigen Zentren durchgeführt und ist auf besonders schwere Fälle von Epilepsie begrenzt. Die Stimulation erfolgt kontinuierlich in einem abgestimmten Zeitabstand. Die Stimulationsparameter können wie bei STN oder GPi (bei Parkinson und Tremor) entsprechend eingestellt werden, ebenso welche Kontakte entlang der Elektrode stimuliert werden. Neben den Nebenwirkungen der Depression und auch der Gedächtnisleistung gibt es OP-bedingte Komplikationen wie Blutungen und Kopfschmerzen sowie Langzeitkomplikationen mit Infektionen oder Kabelbruch. Insgesamt ist das assoziierte OP-Risiko gering und vergleichbar zur Tiefenhirnstimulation bei M. Parkinson.

Das neueste Verfahren der Stimulation ist die responsive Neurostimulation, hier wird eine Elektrode über der Anfallsursprungszone bei fokalen oder auch multifokalen Epilepsien (bis zu zwei Elektroden) permanent eingebracht und mit einem Stimulator, der in den Schädelknochen implantiert wird, verbunden. Das EEG wird über die Elektrode aufgezeichnet und bei Anfallsmustern stimuliert, um den Anfall in der Frühphase zu unterbrechen. Auch hier wurde eine randomisierte Studie mit einer Scheinstimulationsgruppe sowie einer echten Stimulationsgruppe durchgeführt. Nach drei Monaten wurden beide Gruppen stimuliert. Es zeigt sich eine Reduktion der durchschnittlichen Anfallsfrequenz um ca. 40 Prozent in den ersten drei Monaten.

Interessanterweise erreicht die Kontrollgruppe, nach Anschalten der Stimulation, nicht die gleiche Anfallsreduktionsrate wie die initiale Stimulationsgruppe. Das Verfahren erwartet in Europa die Zulassung und ist – insbesondere bei multifaktoriellen Epilepsien oder Anfallsursprungszonen in eloquenten Arealen bei Patienten mit hoher Anfallsfrequenz – eine potenzielle Option. Verglichen mit den beiden erstgenannten Stimulationsverfahren ist dies keine kontinuierliche, sondern – wie im Namen wiedergegeben – eine responsive Stimulation.

Andere Therapieoptionen

Insbesondere in der Behandlung von frühkindlichen Epilepsien hat sich die ketogene Diät sehr bewährt. In der Behandlung im Erwachsenenalter hat sich diese oder eine modifizierte Atkins-Diät nicht in gleichem Maße bewährt. Eine diätetische Anfallsbehandlung kann aber bei mangelnden anderen Therapieoptionen durchaus in Erwägung gezogen werden. Wichtig ist, eine gute Compliance zu erreichen, was häufig im Erwachsenenalter nicht erreicht wird und daher auch zum Teil mit für das schlechtere Ansprechen verantwortlich gemacht wird. Eine diätetische Anfallsbehandlung stellt aber auch bei Patienten mit Lernbehinderung eine Therapieoption dar. Vielfältig ist der Mangel an diätetischer Beratung ein limitierender Faktor dieser Therapieoption.

Behandlung von Komorbiditäten

Depression ist eine häufige Komorbidität in Patienten mit Epilepsie. Diese beträgt bis zu 35 Prozent, in Epilepsiezentren kann die Prävalenz bis zu 55 Prozent betragen. Die Prävalenz über die Lebenszeit für eine schwere Depression liegt in der Normalbevölkerung bei 10,7 Prozent, bei Patienten mit Epilepsie bei 17,4 Prozent. Bei therapierefraktärer fokaler Epilepsie steigt diese auf über 30 Prozent. Bei Patienten mit therapierefraktärer Epilepsie ist also mit einer häufigen Komorbidität von Depression zu rechnen. Zusätzlich wurde gezeigt, dass die Anfallsfrequenz negativ durch Depression beeinflusst werden kann. Es ist in einer großen populationsbasierten Studie aus Skandinavien nachgewiesen worden, dass die Suizidrate bei Epilepsiepatienten gegenüber der Normalbevölkerung ca. 2,4-fach erhöht ist.

Liegt zusätzlich zu der Epilepsie eine affektive Störung vor, ist das Suizidrisiko um das 32-Fache erhöht, bei Komorbidität mit Angsterkrankung um das 11,4-Fache. Des Weiteren wurde mehrfach gezeigt, dass die Lebensqualität bei Patienten mit therapieresistenter Epilepsie mit der Komorbidität Depression negativ korreliert, die Anzahl der Anfälle ohne Veränderung des Anfallstyps allerdings keine Korrelation aufweist. Lebensqualitätsveränderungen durch die Beeinflussung von Anfällen entstehen insbesondere dann, wenn keine Anfälle vorliegen oder wenn die Schwere des Anfalls oder Anfallstyps sich ändert und z.B. Stürze vermieden werden oder Bewusstseinsstörungen ausbleiben. Diese Daten sprechen dafür, dass bei Patienten mit therapierefraktärer Epilepsie besonders auf Depression als Komorbidität geachtet werden muss, und lassen annehmen, dass mit der Behandlung der Depression die QoL positiv beeinflusst werden kann.

In Studien aus Epilepsie-Spezialambulanzen wurde gezeigt, dass bis zu 50 Prozent der Patienten mit Epilepsie und schwerer Depression bezüglich der Depression unbehandelt sind. Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass die Diagnose Depression zehnmal häufiger gestellt wird, wenn mit Screening-Verfahren im Rahmen der Sprechstunden gearbeitet wird. Es stehen vielfältige Screening-Fragebögen inkl. des NDDI-E, HADS, BDI-II oder auch ET-IV zur Verfügung. Diese sind insbesondere in der Selektion der Patienten hilfreich, die besonders bezüglich einer Depression sorgfältig anamnestiziert werden müssen. Dies erklärt sich aus einem hohen „negative predictive value“, aber einem mäßiggradigen „positive predictive value“, d.h., Patienten, die auffällig in den Screening-Verfahren identifiziert werden, haben ein Risiko, Depression zu haben, aber keine definitive Diagnose.

Patienten, die negativ erkannt werden, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht depressiv. Als Antidepressiva bieten sich vor allen moderne Antidepressiva wie SSRIs oder NSRIs an, Trizyklika sollten aufgrund der Nebenwirkungen eher zurückhaltend eingesetzt werden. Potenziell können Antidepressiva Anfälle auslösen, die Häufigkeit ist jedoch sehr gering und sicherlich als Risiko niedriger einzustufen als der positive Effekt der antidepressiven Behandlung. Vorsicht beim Einsatz dieser Antidepressiva ist geboten, sollte der Patient keine antiepileptische Medikation einnehmen. Dies ist in der hier beschriebenen Patientengruppe eher unwahrscheinlich.

Zusammenfassung

Zusammenfassend stehen neben der medikamentösen Behandlung, die aufgrund der hohen Anzahl der an zur Verfügung stehenden Antiepileptika zahlreiche Kombinationen zulässt, auch chirurgische resektive und Stimulationstherapien zur Option. Neben der medikamentösen oder chirurgischen Behandlung der Epilepsie sollten auch die Komorbiditäten nicht außer Acht gelassen werden. Behandlungen dieser können signifikant zur Steigerung der Lebensqualität in dieser von Epilepsie schwer betroffenen Patientenpopulation darstellen.

Foto: Landesnervenklinik Wagner-Jauregg/Linz

Prim. Priv.-Doz. Dr. Tim J. von Oertzen, FRCP
Honorary Senior Lecturer (SGUL), Abteilung für Neurologie, Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg