Die Behandlung eines Patienten mit einer chronisch fortschreitenden Erkrankung bedarf einer ständigen Betreuung sowohl eines neurologischen Facharztes als auch eines Allgemeinmediziners. Die Schnittstellen liegen hier vor allem am Beginn der Erkrankung bei Patienten mit nur geringen Symptomen und am Übergang der Erkrankung in einen fortgeschrittenen Morbus Parkinson.

Die Therapieziele bei Patienten mit M. Parkinson sind einerseits eine Wiedererlangung der Beweglichkeit und andererseits eine Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, der psychischen Stabilität und der sozialen Affektivität. Als sekundäre Therapieziele sind aber auch die Auswahl der Medikation auf Basis der dominanten Symptomatik zur Minimierung von Nebenwirkungen und eine strategische Prophylaxe der Spätkomplikationen vor allem der Dyskinesien anzustreben. Es soll also ein Medikament oder eine Medikamentenkombination gefunden werden, die die Beschwerden bessert, der aktuellen Lebenssituation entspricht und keine störenden Nebenwirkungen verursacht. Bei Diagnose der Erkrankung ist ein früher Therapiebeginn meist zu empfehlen.

Ein Benefit ist von einem Abwarten nicht zu erwarten, da ein späterer Therapiebeginn mit einer schlechten Lebensqualität assoziiert ist. Weiters muss die Medikation im Verlauf der Erkrankung je nach Wirksamkeit und Verträglichkeit an die Lebenssituation des Patienten angepasst werden. Durch die Therapie sollen sowohl die Bradykinese als auch die Rigidität (Muskelschmerzen, Muskelkrämpfe, passive Bewegung), gastrointestinale Funktion, Sprechstörung, Haltung, psychiatrische Symptome (Psychosen, Demenz, Depression, Angst), Sexualfunktionsstörungen und sensorische Probleme (Taubheit, Parästhesien) behandelt werden. Zur Behandlung des idiopathischen Parkinson-Syndroms stehen folgende Arzneistoffklassen zur Verfügung:

1. Dopaminsubstitution

  • Levodopa
  • Dopaminagonisten
  • COMT-Hemmer
  • MAO-B Hemmer

2. Glutamatantagonisten

3. Anticholinergika

Therapie beim frühen M. Parkinson

Die Auswahlkriterien im frühen Stadium sind das Alter des Patienten, das dominante Symptom, der Schweregrad der Erkrankung und das Vorhandensein weiterer Erkrankungen.

Therapieeinleitung mit einem MAO-B-Hemmer: Durch MAO-B-Hemmung kommt es zu einer oxidativen Desaminierung von Dopamin und somit zu einer gesteigerten Verfügbarkeit von Levodopa. Rasagilin wird in einer Dosis von 1mg/Tag verordnet. In dieser Dosierung kommt es zu keinem klinisch relevanten hypertensiven Effekt (Cheeseffekt bei Tyraminbelastung). Es zeigt eine relativ geringe Wirkung auf die motorischen Kardinalsymptome, aber es gibt hinweisende Studiendaten für einen krankheitsmodifizierenden Effekt. Eine initiale Monotherapie ist daher bei frühem Krankheitsstadium mit milder Symptomatik möglich. Etwaige Nebenwirkungen können sein: Übelkeit, Hypotonie, Halluzinationen, Müdigkeit und das seltene Serotoninsyndrom. Eine spezielle Überwachung der Medikation ist nicht erforderlich.

Therapieeinleitung mit einem Dopaminagonisten: Dopaminagonisten wirken direkt am Dopaminrezeptor (D2). Sie wirken länger, haben einen langsameren Wirkungseintritt als Levodopa, und ihre Resorption ist geringer ernährungsabhängig als bei Levodopa. Heute in Verwendung sind überwiegend die nicht ergolinen Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin. Die ergolinen Dopaminagonisten Bromocriptin, Pergolid und Cabergolin spielen heutzutage eine nur mehr untergeordnete Rolle aufgrund der unter diesen Medikamenten aufgetretenen Herzklappenfibrosen. Eine initiale Monotherapie mit dieser Substanzklasse erfolgt bei stärker ausgeprägter Kardinalsymptomatik und zögert motorische Komplikationen hinaus, kann sie aber nicht verhindern.

Als Risiken sind Halluzinationen, Verwirrtheit, Tagesmüdigkeit, plötzliches Einschlafen (Auswirkung auf die Fahrtauglichkeit), Beinödeme, und Impulskontrollstörungen zu nennen. Impulskontrollstörungen treten bei zwei bis fünf Prozent der Parkinson-Patienten auf. Sie können auch schon bei sehr niederen Dosen vorkommen. Es kommt zum Auftreten von pathologischem Glücksspiel, exzessivem Essen, Hypersexualität oder exzessivem Einkaufen. Pramipexol kann bis zu einer maximalen Tagesdosis von 3,15mg/Tag verabreicht werden. Es ist in einer konventionellen und retardierten Galenik erhältlich. Aufgrund seiner in Studien nachgewiesenen zusätzlichen antidepressiven Wirkung kann Pramipexol bei Patienten mit depressiven Symptomen gut eingesetzt werden. Mögliche Nebenwirkungen können sein: gastrointestinale Probleme, Benommenheit, Sedierung, Beinödeme, neuropsychiatrische Störungen, Impulskontrollstörungen.

Ropinirol kann in einer maximalen Tagesdosis von 24mg/Tag verabreicht werden. Auch hier ist das Medikament in konventioneller und retardierter Galenik erhältlich. Die Nebenwirkungen sind annähernd gleich. Rotigotin kann in einer maximalen Tagesdosis von 16mg/Tag appliziert werden. Es ist im Handel als transdermales Pflaster erhältlich. Auch unter dieser Medikation kann es zu Benommenheit und Sedierung, Übelkeit und Erbrechen, Halluzinationen, Beinödemen und Impulskontrollstörungen kommen. Zusätzlich besteht noch das Risiko einer Hautreizung Bei der Gabe eines Dopaminagonisten ist eine spezielle Überwachung nicht erforderlich. Die Wahl eines bestimmten Dopaminagonisten richtet sich nach der individuellen Verträglichkeit. Aufgrund des Verträglichkeitsprofils ist oft eine Dosisreduktion und Kombination mit niedrigdosiertem Levodopa auch beim jüngeren Patienten sinnvoll.

Therapieeinleitung mit Levodopa: Levodopa ist die Vorstufe des Neurotransmitters Dopamin. Es wird mit einem die Blut-Hirn-Schranke nicht passierenden Decarboxylasehemmer kombiniert (Carbidopa oder Benserazid). Levodopa zeigt eindeutig die beste Wirkung auf die motorischen Kardinalsymptome. Der Wirkeffekt bleibt auch nach langer Krankheitsdauer erhalten, ist jedoch mit dem Auftreten von motorischen Komplikationen assoziiert. Das Risiko der Entstehung ist dabei dosisabhängig (die Dosis bis ca. 400mg/Tag ist mit einem niedrigeren Dyskinesierisiko verbunden). Levodopa wird eingesetzt bei allen Patienten mit behindernder motorischer Symptomatik. Der Therapiebeginn liegt meist zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. In der Frühtherapie sind meist 300– 400mg TD erforderlich, außer bei der tremordominanten Form, dann werden auch höhere Dosen verwendet.

Therapie mit einem Glutamatantagonisten: Amantadin bewirkt eine amphetaminartige Freisetzung von in präsynaptischen Vesikeln gespeicherten Katecholaminen, vor allem Dopamin. Amantadin hat eine mäßige Wirkung auf die motorischen Kardinalsymptome und soll nur bei kognitiv intakten Patienten mit milden Symptomen und Wunsch des Hinauszögerns der dopaminergen Therapie verwendet werden. Am Beginn erfolgt meist eine Therapie mit 100mg/Tag mit Steigerung auf vier Dosen pro Tag. Die maximale Tagesdosis ist 300mg/Tag (seltenst max. 600mg pro Tag). Der Vorteil von Amantadin liegt in einer möglichen i.v. Verabreichung. An Nebenwirkungen können auftreten: Schlafstörungen, Albträume, Angst, Benommenheit, orthostatische Hypotonie, Hyperhidrose, Xerostomie, Dyskinesien, Ataxie und Beinödeme. Auch unter Amantadin ist keine spezielle Kontrolle erforderlich.

Therapie mit Anticholinergika: Diese Substanzgruppe wirkt vor allem auf den Tremor und die Rigidität. Es ergibt sich aus Studien ein nur schwaches Evidenzniveau. Anticholinergika sind kontraindiziert bei Patienten mit kognitiven Dysfunktionen und einem Lebensalter über 60 Jahre. Ein Therapiebeginn mit einem Anticholinergikum soll nur dann erfolgen, wenn dopaminerge Therapieoptionen hinausgeschoben werden sollen oder es zu keiner ausreichenden Tremorbesserung gekommen ist.

Therapie des fortgeschrittenen M. Parkinson

Der Beginn des Auftretens eines fortgeschrittenen Parkinson- Syndroms ist erkennbar durch ein klinisch erkennbares Nachlassen der Wirkung einer Einzeldosis am Ende eines Dosisintervalls (Wearing-off ). Es kommt zu einem Ende der langdauernden Wirkung einer Einzelgabe in den ersten Behandlungsjahren (long duration response). Es treten nicht vorhersehbare Fluktuationen, unerwartete Offs, Dyskinesien (bei ca. 30 bis 80 Prozent der Patienten) und Dystonien auf, und es kommt zu einem verzögerten Eintritt oder Fehlen der Wirkung einer Einzeldosis. Die Auswahlkriterien der Therapie im fortgeschrittenen Stadium richten sich daher nach dem Auftreten von Wirkfluktuationen und Dyskinesien.

Therapie mit Levodopa: Levodopa stellt die wirksamste Substanz unter den Parkinson-Medikamenten dar. Es ergibt sich ein günstiges Verträglichkeitsprofil, auch in höherem Alter und bei kognitiv eingeschränkten Patienten. Levodopa ist wirksam gegen Off-Phasen, kann aber Dyskinesien auslösen bzw. verstärken. Die Einzeldosen können bei beginnendem Wearing-off erhöht oder die Einnahmeintervalle verkürzt werden. Slow-release-(CR)-Präparate führen zu einer längeren Wirkdauer der Einzeldosen, allerdings ist die gastrointestinale Resorption weniger zuverlässig und geringer. Bei überraschend auftretenden plötzlichen Off-Phasen, wie morgentliches Off oder schmerzhafte Dystonien, können lösliche Levodopa-Präparate verwendet werden.

Bei der Gabe von Levodopa ist die Gefahr eines dopaminergen Dysregulationssyndroms gegeben. Dieses zeigt sich in einer Substanzabhängigkeit mit Verhaltensauffälligkeiten und kognitiven Störungen. Das dopaminerge Dysregulationssyndrom entsteht dadurch, dass der Patient seine Medikamentendosis eigenmächtig steigert. Dabei werden die Suchtkriterien erfüllt, auch wenn die Substanz als notwendige Therapie eingesetzt wird. Es tritt häufig bei Patienten mit primär gutem Ansprechen von Levodopa auf. Die Patienten drängen dabei auf ärztliche Verschreibung.

Eine Dosissteigerung wird auch weiterbetrieben, wenn Dyskinesien oder Verhaltensauffälligkeiten (emotionale Schwankungen) auftreten. Das dopaminerge Dysregulationssyndrom tritt häufiger bei Männern und bei jüngeren Patienten auf. Das Punding zeichnet sich aus durch ein komplexes, stereotypes, nicht zielorientiertes Verhalten. Es kommt in Verbindung mit dem Dysregulationssyndrom vor oder unter dopaminerger Therapie ohne Steigerungstendenz. Die Patienten verbringen Stunden mit Sortieren verschiedenster Gegenstände oder dem Zerlegen von Gegenständen. Die Beschäftigung hat typischerweise mit langjährig eingeübten Tätigkeiten zu tun. Die Handlung wird als angenehm und entspannend empfunden und ist meistens mit Dyskinesien assoziiert.

Therapie mit einem Dopaminagonisten: Auch beim fortgeschrittenen idiopathischen Parkinson-Syndrom kommen die Dopaminagonisten Pramipexol, Ropinirol und Rotigotin zum Einsatz. Sie führen in der Additivtherapie mit Levodopa zu einer signifikanten Verlängerung der täglichen On- und Verkürzung der Off-Zeiten Therapie mit einem COMT-Hemmer: Die Substanzen Entacapon und Tolcapon blockieren den peripheren Abbauweg des Levodopas und bewirken daher eine längere Verfügbarkeit von Dopamin. Beide Substanzen sind wirksam gegen motorische Fluktuationen und führen zu einer signifikanten Verkürzung der Off-Zeiten Entacapon hat eine ähnliche Wirkdauer wie Levodopa und wird in einer Maximaldosis von 200mg mit Levodopa kombiniert. Galenisch ist es als Einzelpräparat oder in Kombination mit Levodopa erhältlich.

An Nebenwirkungen können auftreten: Übelkeit, Orthostase, Dyskinesien, neuropsychiatrische Probleme, Diarrhoe und häufig eine Orangefärbung des Harns. Tolcapon hat eine maximale Tagesdosis von 3x 100mg, seltenst 3x 200mg. Es hat eine längere Halbwertszeit als Entacapon und kann somit unabhängig von Levodopa eingenommen werden. Die Nebenwirkungen sind ähnlich wie bei Entacapon. Unter der Einnahme von Tolcapon ist ein Leberfunktionsmonitoring (drei Fälle von letaler Lebertoxizität) im ersten Jahr alle zwei Wochen, dann alle vier Wochen für sechs Monate, danach alle acht Wochen erforderlich.

Therapie mit Amantadin: Bei der Therapie mit Amantadin gibt es keinen Nachweis auf die Wirksamkeit von motorischen Fluktuationen, aber es zeigt sich ein klinischer Nutzen in der Anwendung gegen Dyskinesien. Von Vorteil ist auch die Möglichkeit der parenteralen Verabreichung. Ein Risiko besteht bei der Verabreichung bei älteren und kognitiv eingeschränkten Personen, da diese mit Verwirrtheit reagieren können.

Therapie mit einem MAO-B-Hemmer: Rasagilin ist gegen motorische Fluktuationen wirksam, gut verträglich und erfordert keine speziellen Kontrollen. Es zeigt sich eine signifikante Reduktion der täglichen Off-Zeiten.

Therapie der nicht motorischen Probleme

Die nicht motorischen Symptome haben häufig einen größeren Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten als die Kardinalsymptome. Depressionen, Demenz, Psychosen, medikamenteninduzierte Verhaltensstörungen (Impulskontrollstörungen, abnorm repetitives Verhalten, dopaminerges Dysregulationssyndrom), autonome Dysfunktion (orthostatische Hypotension, Blasenstörungen, erektile Dysfunktion, Obstipation, Sialorrhoe) und Schlaf- und Wachstörungen (REM-Schlafverhaltensstörung, Insomnie, exzessive Tagesmüdigkeit und Einschlafattacken) bedürfen einer individuell angepassten Therapie.

Zusammenfassung

Die Möglichkeiten der Behandlung des M. Parkinson haben sich in den letzten Jahren immer weiter verbessert. Sowohl die motorischen als auch die nicht motorischen Symptome können dadurch gebessert werden und haben so einen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten. Für eine individuelle Problemerhebung und anschließende Therapieanpassung ist sowohl die Betreuung des Patienten durch den Allgemeinmediziner als auch den neurologischen Facharzt erforderlich.

Autor: Dr. Selina Haas Abteilung für Neurologie, OÖ Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg, Linz