Welchen Stellenwert haben Ultraschall, CT und MRT bei der Diagnose und Verlaufskontrolle neuromuskulärer Erkrankungen? Ein kurzer Überblick über die Stärken und Schwächen der einzelnen bildgebenden Verfahren.

Das breite Spektrum der neuromuskulären Erkrankungen umfasst neben den Erkrankungen der peripheren Nerven die große und heterogene Gruppe der erblichen und erworbenen Muskelerkrankungen. „Diese Erkrankungen werden primär immer noch klinisch diagnostiziert“, betont Dr. Mike Wattjes, Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin, Uniklink der Freien Universität Amsterdam (VUMC). Unter den verschiedenen Untersuchungsmethoden, die die klinische Diagnose unterstützen können, ist die Bildgebung ein relativ neues, aber auch vielversprechendes Werkzeug, mit dem viele Zentren noch relativ wenig Erfahrung haben.

„Die Diagnose kann nie alleine auf der Basis der Bildgebung gestellt werden“, so der Radiologe. Dennoch sind bildgebende Verfahren mittlerweile bei der Identifikation und Behandlung von neuromuskulären Erkrankungen zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel geworden. Neben der Unterstützung der klinischen Diagnose ermöglichen es insbesondere Ultraschall und Kernspintomographie, auch Target-Läsionen für eine Biopsie zu identifizieren, den Verlauf der Erkrankung zu verfolgen oder den Erfolg einer Therapie zu überprüfen.

Ultraschall

Foto: Mike Wattjes

Axiale T2-gewichtete Aufnahmen mit Fettunterdrückung (links) und axiale T1-gewichtete Aufnahmen eines Patienten mit einer erblichen Muskelerkrankung. Während sich auf den T2-gewichteten Aufnahmen mit Fettunterdrückung das Muskelödem sehr gut beurteilen lässt (geschlossene Pfeile, links), kann auf den T1-gewichteten Aufnahmen die fettige Degeneration gut beurteilt werden (offene Pfeile, rechts).

Eine Stärke des Ultraschalls bei der Untersuchung neuromuskulärer Erkrankungen ist die hohe örtliche Auflösung. Durch die fehlende Strahlenbelastung hat die Methode besonders im Kindesalter einen hohen Stellenwert. Ein Nachteil ist, dass die Durchführung der Sonographie und die Interpretation der Bilder stark von der Erfahrung des Untersuchers abhängig sind. Dadurch kann es schwierig sein, die Untersuchungsergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt zu reproduzieren. Zudem können tiefere Muskelstrukturen nicht so gut evaluiert werden.

Foto: Mike Wattjes

Wattjes: „Um Ergebnisse richtig interpretieren zu können, sind ausreichende Kenntnisse nötig.”

Wichtig ist es, dass bei der Beurteilung der Bilder Parameter, wie das Alter oder der Ernährungszustand des Patienten, berücksichtigt werden, die Auswirkungen auf das Muskelvolumen und die Echointensität haben: „Der Muskel eines älteren Patienten sieht im Ultraschall ganz anders aus als der eines jungen Probanden“, unterstreicht Wattjes. Ein sehr hilfreicher Ansatz, die Bildanalyse zu standardisieren, ist die semiquantitative Beschreibung der Echogenitätsveränderungen nach Heckmatt, der in seinem Score vier Grade der Echogenität definierte. Differenzialdiagnostische Rückschlüsse auf die Art einer Muskelerkrankung lassen sich aber nicht nur aus der Echointensität des Muskelgewebes und der Stärke des Echosignals des Knochens ziehen.

Ein weiteres Beurteilungskriterium ist das Verteilungsmuster der Echogenitätsveränderungen: Dieses kann diffus (z.B. bei einer Muskeldystrophie des Typs Duchenne), fleckförmig (z.B. spinale Muskelatrophie Typ II) oder fokal (z.B. Dermatomyositis) sein. Für neurogene Erkrankungen typisch ist ein heterogenes Ultraschallbild mit atrophischen oder hypertrophischen Motoreinheiten. Mittels Sonographie können auch Echtzeituntersuchungen durchgeführt werden. Auf diese Weise ist es unter anderem möglich, Faszikulationen nachzuweisen und damit klinische Verdachtsdiagnosen zu bestätigen. Auch die Beweglichkeit des Diaphragmas kann mit dieser Technik beurteilt werden.

Computertomographie

Die Computertomographie charakterisiert Wattjes als „quick and dirty“: Die Methode liefert zwar relativ rasch Bilder und erlaubt eine reproduzierbare Beurteilung von Muskelform, -volumen und -degeneration. Darüber hinaus ermöglicht sie auch die Untersuchung tiefer liegender Muskelgruppen. Das CT hat jedoch eine Reihe von Nachteilen, die seinen Einsatz limitieren. Neben der hohen Strahlenbelastung ist das vor allem der geringe Weichteilkontrast. Aus diesem Grund wurde die Computertomographie in vielen Bereichen der neuromuskulären Bildgebung mittlerweile auch vom Ultraschall und der Magnetresonanztomographie abgelöst. „Das Problem ist aber, dass bei hereditären Muskelerkrankungen sehr viele ältere Studiendaten auf CT-Untersuchungen basieren“ erklärt Wattjes. „Um diese Ergebnisse richtig interpretieren zu können, ist es daher auch heute noch wichtig, ausreichende Kenntnisse auf diesem Gebiet zu besitzen.“

Magnetresonanztomographie

„State oft the art“ bei vielen neuromuskulären Fragestellungen ist heute die Magnetresonanztomographie. Ein großer Vorteil gegenüber dem Ultraschall ist, dass die Durchführung der Untersuchungen und die Bildinterpretation viel besser standardisierbar sind. Die MRT punktet unter anderem durch guten Kontrast und die Möglichkeit, durch gezielte Pulssequenzen spezielle Merkmale von Muskelerkrankungen besser visualisieren zu können. So kann etwa mit axialen T1-gewichteten Sequenzen die fettige Generation der Muskulatur diagnostiziert und quantifiziert werden.

Axiale T2-gewichtete Sequenzen mit Fettsuppression ermöglichen hingegen den Nachweis von Muskelödemen, die bei hereditären Muskelerkrankungen schon sehr früh sichtbar sein können. Das Ausmaß und das Verteilungsmuster von fettigen Degenerationen und Muskelödemen lassen sich am besten mit visuellen Rating-Skalen beurteilen. Bei speziellen Muskelerkrankungen (z.B. Tumoren, inflammatorischen oder infektiösen Erkrankungen) ist es manchmal auch hilfreich, Postkontrast-Aufnahmen zu verwenden. Nicht zuletzt können mittels MRT auch Ganzkörperuntersuchungen ohne Strahlenbelastung durchgeführt werden. Whole-body-Applikationen sind nicht nur bei Kindern, sondern auch bei hereditären Muskelerkrankungen und der weiteren Abklärung von Zufallsbefunden eine wichtige Untersuchungsmethode. Beachtet werden muss dabei allerdings, dass die Bildinterpretation häufig durch Artefakte (Atemartefakte, magnetische Feldinhomogenitäten) beeinträchtigt werden kann.

„Durch eine inhomogene Fettsuppression kann beispielsweise ein Muskelödem vorgetäuscht werden“, warnt Wattjes. Die richtige Interpretation von MR-Bildern erfordert auch sehr gute anatomische und topografische Kenntnisse: Die verschiedenen hereditären Muskelerkrankungen zeigen nämlich häufig ein sehr spezifisches Befallsmuster der peripheren Muskeln. Das gilt insbesondere für den Unterschenkel. Neben der strukturellen Magnetresonanztomographie gibt es eine Reihe von quantitativen MRT-Techniken (z.B. MR-Spektroskopie, 23Na-MRT, diffusions- und perfusionsgewichtete Aufnahmen …), die vor allem bei speziellen Fragestellungen und Verlaufsbeobachtungen zur Anwendung kommen.

 

cover

„Neuromuskuläres Imaging“, Vortrag im Rahmen der 12. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, Graz, 27.3.15 (Buchtipp siehe links)

 

 

 

 

Autor: Mag. Dr. Rüdiger Höflechner