Rauchen stellt als Sucht eine psychiatrische Erkrankung dar und ist auch für andere psychiatrische Erkrankungen ein Risikofaktor. (CliniCum neuropsy 6/17)

Rauchen verursacht weltweit jährlich mehr als sechs Millionen Todesopfer und stellt trotz des Rückgangs der Raucherprävalenzen in den vergangenen Jahren die wichtigste vermeidbare Todesursache dar (Britton, 2017; Cavazos- Rehg et al., 2014). In den entwickelten Ländern ist in den letzten Jahren ein signifikanter Rückgang der Raucherraten zu verzeichnen. So zeigte sich etwa in den USA zwischen 2004 und 2011 bei nicht psychisch kranken Individuen ein Rückgang von 19,2 auf 16,5 Prozent. Im gleichen Zeitraum gingen die Raucherraten bei Personen mit psychischen Erkrankungen hingegen lediglich von 25,3 auf 24,9 Prozent zurück (LêCook et al., 2014).

Die Raucherraten sind unter psychiatrischen Patienten nach wie vor zwei- bis fünfmal höher als in der Allgemeinbevölkerung und betreffen Menschen mit verschiedensten Erkrankungen, darunter Schizophrenie, affektive Störungen, Angsterkrankungen, ADHS, Binge Eating, Bulimie und Suchterkrankungen (Boksa, 2017). Es gibt Hinweise für kausale Zusammenhänge zwischen Rauchen und psychischen Erkrankungen. Sowohl für psychiatrische wie nicht psychiatrische Patienten existieren effektive Therapien der Tabakabhängigkeit. Im Rahmen der EAGLESStudie wurden die pharmakologischen Interventionsmöglichkeiten der Raucherentwöhnung erstmals einem direkten Vergleich unterzogen. Während in den USA der Zigarettenkonsum zwischen 1965 und 2011 um mehr als 50 Prozent zurückging, blieb in Österreich der Anteil täglich Rauchender in der Bevölkerung, wenn auch auf niedrigem Niveau seit 1972, weitgehend konstant.

Der durchschnittliche tägliche Konsum von Zigaretten in der Bevölkerung sank über die Jahre nur geringfügig von sieben Zigaretten im Jahr 1980 bzw. 1994 auf 5,5 Zigaretten im Jahr 2015 (Epidemiologiebericht Sucht 2016). Österreich ist 2016 im internationalen Ranking hinsichtlich legislativer und gesundheitspolitischer Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums vom vorletzten auf den letzten Platz abgerutscht (Joossens et al., 2016). Besorgniserregend sind jüngste Untersuchungen zur Mortalität von an bipolarer Störung und Schizophrenie Erkrankten, die einen Anstieg der Mortalität in diesen Patientengruppen zeigen (Hayes et al., 2017). Es zeigt sich einerseits eine größer werdende Mortalitätslücke zwischen psychisch Gesunden infolge sinkender Mortalität der Allgemeinbevölkerung, und andererseits kommen gesundheitsfördernde Maßnahmen bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung nicht an (Siddiqi et al., 2017).

Nach wie vor ist die Rate an Rauchern unter Patienten mit psychiatrischen und Suchterkrankungen sehr hoch. Menschen mit psychischen Erkrankungen machen 44 bis 46 Prozent des nordamerikanischen Tabakmarktes aus, was bedeutet, dass etwa jede zweite Zigarette von einem psychisch Kranken geraucht wird. Dementsprechend hoch ist auch die tabakassoziierte Mortalität bei psychischen Erkrankungen. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass etwa 70 Prozent der Raucher mit dem Rauchen aufhören wollen und dass psychisch kranke Raucher eine gleich hohe Motivation für einen Rauchstopp aufweisen wie die Allgemeinbevölkerung (Callaghan et al., 2014). Verlieren Raucher durchschnittlich zehn Jahre ihres Lebens aufgrund des Tabakkonsums, so haben Raucher mit psychischen Erkrankungen eine um 25 Jahre verminderte Lebenserwartung, hauptsächlich wegen tabakassoziierter Erkrankungen (Rüther et al., 2014).

Diagnose und Pathogenese der Tabakabhängigkeit

Im DSM-5 werden Kriterien für eine „Tabakkonsumstörung“ bzw. „Tabakabhängigkeit“ und in der ICD-10 für „psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak“ definiert. Die DSM-Klassifikation ermöglicht überdies eine Einstufung in Schweregrade (Tabelle 1). Wie jede Abhängigkeit ist die Tabakabhängigkeit ein komplexes Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Sowohl die Pharmakologie als auch erlernte und konditionierte Faktoren, die Genetik sowie soziale und Umweltfaktoren, wie Produktdesign, Marketing und Verfügbarkeit der Substanz, spielen eine Rolle. So sind etwa Varianten der α5/α3/ β4-Region am Chromosom 15 mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten pro Tag und dem Cotininspiegel, einem Nikotinmetaboliten, signifikant assoziiert. CYP2A6- Slow-Metabolizer rauchen weniger Zigaretten, Frauen metabolisieren Nikotin rascher, was zu einer größeren Bereitschaft, abhängig zu werden, beitragen könnte (Benowitz, 2014).

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Rauchen und psychische Erkrankungen

Es ist mittlerweile unbestritten, dass Rauchen der Gesundheit schadet und nachhaltige Tabakabstinenz die Gesundheit fördert. Zum Rauchstopp bei psychisch Kranken gab es lange Zeit sehr zurückhaltende Empfehlungen, da befürchtet wurde, dass dieser zu einer Verschlechterung der mentalen Gesundheit führen könnte. Erst nach der Jahrtausendwende wurden immer mehr Untersuchungen publiziert, die Zusammenhänge zwischen Rauchen und psychischen Erkrankungen bzw. dem negativen Effekt des Rauchens auf diese Erkrankungen belegten. So ist Rauchen bei schizophrenen, affektiven bzw. bipolaren Erkrankungen mit größerem Schweregrad, schlechteren Outcomes, zahlreicheren Krankheitsepisoden und kognitiven Einbußen assoziiert (Kalman et al., 2005; Krishnadas et al., 2012; Parikh et al., 2010; Tohen et al., 2012; Depp et al., 2015).

ADHS

Mittlerweile gibt es starke Evidenz für eine Assoziation von Rauchen in der Schwangerschaft und einem erhöhten Risiko von ADHS (Boksa, 2017). Wahrscheinlich ist eine gemeinsame familiäre bzw. genetische Empfänglichkeit für Rauchen und ADHS (Sciberras et al., 2017). Kinder von während der Schwangerschaft rauchenden Mütter zeigten mehr Verhaltensauffälligkeiten als Kinder mit ADHS von nicht rauchenden Müttern. Auch konnte eine Dosis-Wirkungs- Beziehung zwischen der Menge gerauchter Zigaretten und der Symptomausprägung der Kinder gezeigt werden (Thakur et al., 2013). Darüber hinaus wurde nachgewiesen, dass Rauchen während der Schwangerschaft zu einer beeinträchtigten zerebralen Entwicklung mit Verlust grauer Substanz und dünneren Cortices bei Kindern dieser Mütter führen kann (Ekblad et al., 2015).

Schizophrenie

Eine schwedische Kohortenstudie, die den Raucherstatus von 1.413.849 Frauen und 233.879 Männern untersuchte, konnte eine prospektive Prädiktion des Risikos für Schizophrenie durch Rauchen mit Dosis-Wirkungs-Beziehung zeigen. Das Risiko für eine schizophrene Erkrankung konnte nicht durch den Beginn des Rauchens während der Prodromalphase erklärt werden. Ein kausaler Zusammenhang zwischen Rauchen und Schizophrenie kann angesichts der komplexen Zusammenhänge allerdings nicht hergestellt werden (Kendler et al., 2015). Dennoch legen manche Untersuchungsergebnisse wie die der Analyse gemeinsamer Genloci, die sowohl mit einem erhöhten Schizophrenierisiko als auch mit dem Rauchen assoziiert sind, einen kausalen Zusammenhang nahe (Gage, Munafò, 2015; Alderson, Laurie, 2015).

Affektive Erkrankungen und Angststörungen

Für viele psychische Erkrankungen konnten Zusammenhänge mit dem Rauchen hergestellt werden. So scheint es einen Link zwischen Rauchen und Depression zu geben. Die höchste Depressionsrate besteht bei aktuellen Rauchern mit 23,7 Prozent, bei ehemaligen Rauchern mit 14,6 Prozent und bei Personen, die nie geraucht haben, mit 6,25 Prozent (Wiesbeck et al., 2008). Es scheint zwischen Rauchen und Depression einen kausalen Mechanismus in beide Richtungen zu geben: Depressivität und Angstsymptome erhöhen einerseits das Risiko zu rauchen ( McKenzie et al., 2010; Morell et al., 2010). Andererseits stellt Rauchen einen Risikofaktor für eine spätere Depressionsentwicklung dar (Flensborg-Madsen et al., 2011; Kang, Lee, 2010). Ein Zusammenhang zwischen Rauchen und dem Beginn von affektiven Erkrankungen und Angststörungen wurde auch bei jüngeren Patienten gezeigt. Teilnehmer einer Untersuchung mit 34.653 Personen und Follow-up nach drei Jahren, die mehr als 20 Zigaretten täglich rauchten und zwischen 18 und 49 Jahren alt waren, wiesen eine besonders starke Assoziation zwischen Zigarettenkonsum und Beginn einer psychischen Erkrankung auf (Mojtabai, 2013).

Demenz

Hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Rauchen und demenziellen Erkrankungen existieren zahlreiche Belege, was angesichts der vaskulären Beteiligung bei der Entwicklung der meisten Demenzformen wenig verwundert. So wurde in Metaanalysen und Literaturrecherchen auch ein erhöhtes Risiko für die Alzheimer-Demenz bestätigt (Peters et al., 2008; Durazzo et al., 2014). Bei rauchenden Alzheimer-Patienten zeigten sich neben einem höheren Ausmaß von Atrophien als bei Nichtrauchern auch Hinweise für eine durch das Rauchen beeinträchtigte cholinerge Kapazität. Diese Auswirkungen dürften einerseits durch kardiovaskuläre Beeinträchtigungen und andererseits durch kumulative zytotoxische Effekte bedingt sein (Teipel et al., 2016; Durazzo et al., 2012).

Suizid

Der Zusammenhang zwischen Suizid, Suizidversuchen und Rauchen wurde ebenfalls intensiv untersucht. Für Suizidversuche konnte ein dosisabhängiger Zusammenhang bei Rauchern nachgewiesen werden (Hemenway et al., 1993, Beratis et al., 1997, Miller 2000, Tanskanen et al., 2000, Mäkikyrö et al., 2004). Bronisch et al. zeigten, dass Rauchen zu vermehrten Selbstmordgedanken führt, umgekehrt die Baseline-Suizidalität allerdings nicht zu späterem Rauchen (Bronisch et al., 2008). Rauchen wurde als unabhängiger Prädiktor für suizidales Verhalten in mehreren Untersuchungen nachgewiesen (Breslau, Klein, 2005; Oquendo et al., 2004). In einer jüngeren Untersuchung war eine unabhängige Verbindung zwischen chronischem Rauchen, Abstinenz und Suizid nur bei Männern nachweisbar (Balbuena, Tempier, 2015). In einer nordfinnischen Geburtskohorte mit 10.934 Personen zeigten sich nach 20 Jahren eine erhöhte Suizidrate bei rauchenden Männern und eine erhöhte Rate für Suizidversuche bei beiden Geschlechtern (Riala et al., 2007).

Suchterkrankungen

Suchtpatienten weisen sehr hohe Raucherprävalenzen auf. Bei Alkohol-, Kokain- und Opioidabhängigen betragen diese etwa 80 Prozent (Kalman et al., 2005). Da an allgemeinpsychiatrischen Abteilungen traditionell ein hoher Anteil von alkoholabhängigen Patienten behandelt wird, sollen dieser Klientel eine Beratung und Unterstützung zum Rauchstopp angeboten werden. In den neuen AWMF( Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften)-Leitlinien werden bei gleichzeitig bestehendem Tabakkonsum Alkoholabhängiger zur Unterstützung des Rauchstopps die gleichen therapeutischen Interventionen empfohlen wie für Raucher ohne alkoholbezogene Störungen (AWMF S3-Leitlinie 2016).

Passivrauchen

In einer eindrucksvollen Untersuchung (Hamer et al., 2010) konnte sogar ein Zusammenhang zwischen Passivrauchen und psychischen Störungen, die zu einer psychi atrischen Spitalsaufnahme führten, aufgezeigt werden. Diese Untersuchung stellte auch eine Dosis-Wirkungs-Beziehung mit dem Ausmaß an Rauchexposition unter Verwendung eines objektiven Biomarkers, dem Cotinin, her.

Haltung der Psychiatrie zum Rauchen

Angesichts der geschilderten Zusammenhänge zwischen psychischen Erkrankungen und Rauchen und der eindeutigen Verursachung v.a. von malignen und kardiovaskulären Erkrankungen erscheint der permissive Umgang mit Rauchern in der Psychiatrie nicht mehr zeitgemäß. Ernüchternde Ergebnisse zum Umgang mit Rauchern in der Psychiatrie scheinen noch nicht völlig der Vergangenheit anzugehören: 42 Prozent aller Raucher von 250 untersuchten stationären Patienten hatten weder die Diagnose Abhängigkeit oder Entzugssyndrom noch eine Erfassung im Therapieplan erfahren (Prochaska 2004). 52 Prozent der Raucher wurden während des stationären Aufenthaltes nie zu einem Rauchstopp ermutigt (Prochaska 2006). Schizophreniepatienten mit Diabetes mellitus Typ 2 hatten eine geringere Wahrscheinlichkeit, eine Beratung und Therapie zur Verbesserung des kardiovaskulären Risikos zu erhalten (Himelhoch et al., 2009).

Ergebnisse

Die Abnahme an Rauchern unter psychiatrischen Patienten ist geringer als in der Allgemeinbevölkerung (Cook et al., 2014), und eine Behandlung der Tabakabhängigkeit wird bei Rauchern mit schwerer psychischer Erkrankung nicht routinemäßig angewendet (Schroeder, Morris; 2010). In einer eigenen Untersuchung stellte sich heraus, dass 26,4 Prozent der psychiatrischen Patienten i.R. ihres stationären Aufenthaltes mehr, wieder oder neu zu rauchen begonnen hatten. Im Gegensatz dazu traf dies für keinen Patienten einer Vergleichsgruppe auf somatischen Stationen zu (Silberbauer, Grünbacher, 2014). In einer Metaanalyse, die Einstellungen psychiatrischer Professionisten zum Rauchen und zu Raucherentwöhnungsmaßnahmen untersuchte, kamen noch immer Haltungen und falsche Vorstellungen zum Vorschein, die dem Angebot zur Raucherentwöhnung zuwiderlaufen. Es wurden beispielsweise bei 40,5 Prozent der Professionisten negative Einstellungen zur Raucherentwöhnung aufgezeigt, von 45 Prozent wurde eine permissive Haltung zum Rauchen eingenommen, weiters wurden eine Kultur des Rauchens als „die Norm“ und Zigaretten als nützlich für Patienten und Personal eingestuft (Sheals et al., 2016).

Auswirkungen des Rauchstopps auf die psychische Befindlichkeit wurden vielfach untersucht. In einer Metaanalyse von 26 Studien zur psychischen Gesundheit vor und nach Rauchstopp stellte sich heraus, dass als Konsequenz des Rauchstopps nicht vermehrte Depressivität oder Ängstlichkeit, sondern im Gegenteil weniger Depression, Angst, Stress sowie gesteigerte Lebensqualität Folgen des Rauchstopps waren (Taylor et al., 2014). Selbst bei schwer trinkenden Rauchern brachte die Rauchabstinenz letztendlich eine Reduktion der depressiven Symptomatik mit sich (Kahler et al., 2011).

Therapie der Tabakabhängigkeit

Vor jeder Therapie sollte eine eingehende Beratung der Raucher erfolgen, bei der u.a. auch die Möglichkeit des Auftretens von Entzugssymptomen thematisiert wird In diesem Zusammenhang ist immer auf die Möglichkeit einer Nikotinsubstitution hinzuweisen, um dem Raucher die Angst vor dem Entzug zu nehmen. Bei ausreichender Dosierung ist die Nikotinersatztherapie (NET) imstande, die meist nur mild ausgeprägte Entzugssymptomatik vollständig zu unterdrücken. Entzugssymptome treten innerhalb weniger Stunden auf und zeigen sich als Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwäche, Angst, Appetitsteigerung, Schlafstörungen und „Craving“. Sie sind nicht lebensbedrohlich, werden aber aversiv erlebt, was häufig zur raschen Beendigung des Abstinenzvorhabens führt. Die Dauer beträgt etwa zwei bis sechs Wochen. Selten treten schwerere psychische Probleme, wie Depression mit Gefahr der Suizidalität, auf (Voderholzer, Hohagen, 2017).

Zur Behandlung werden von der EPA Guidance on Tobacco Dependence sieben Empfehlungen für die Diagnose und Therapie angeführt (Rüther et al., 2014): 1. Dokumentation des Raucherstatus (Fagerstrøm-Test – FTND) 2. Festlegen des Interventionszeitpunktes (in stabiler Phase, Konsequenzen der Abhängigkeit und Therapieprozess erklären) 3. Beratung anbieten (4A-Intervention) 4. Pharmakologische Therapie (NET, Vareniclin, Bupropion) 5. Kontrolle kurz nach Rauchstopp (Therapeutisches Drug Monitoring wegen des Wegfalls der Cytochrominduktion durch Tabakrauch) 6. Nachkontrollen erhöhen Abstinenzrate (psychopathologischer Status, Medikamentenanpassung, Gewicht, kardiovaskuläre Risikofaktoren) 7. Rückfallverhütung und -management (Rückfall ist keine Katastrophe, RF kann Depression, Angst, Suizidgedanken auslösen)

Für die Tabakentwöhnung sind neben verhaltenstherapeutisch orientierten Raucherentwöhnungsprogrammen drei pharmakologische Interventionsmöglichkeiten verfügbar, die bei Entzugserscheinungen bzw. zur Prophylaxe angewendet werden können: NET, Bupropion und Vareniclin. Durch medikamentöse Unterstützung lassen sich Abstinenzraten im Vergleich zu alleiniger nicht medikamentöser Anleitung bzw. Therapie in der Regel verdoppeln (Voderholzer, Hohagen, 2017). Vareniclin zeigte zwar eine höhere Wirksamkeit, aber auch eine Restunsicherheit bezüglich neuropsychiatrischer und kardiovaskulärer Komplikationen (Benkert, Hippius, 2017). Um diese Restunsicherheit auszuräumen, wurde eine Studie (EAGLES) zum direkten Vergleich von Varenclin, Bupropion, NET und Placebo durchgeführt. Die Studie (Anthenelli et al., 2016) umfasste 8.144 Raucher mit einer psychiatrischen und einer nicht psychiatrischen Kohorte in etwa gleicher Größe, die bereit für einen Rauchstopp waren. Sie konnte eine höhere Effektivität bei allen drei Substanzen gegenüber Placebo zeigen.

Die Effektivität aller drei Substanzen war unabhängig von der Art der psychiatrischen Erkrankung (z.B. psychotische, affektive, Angsterkrankung). Es war auch kein signifikanter Anstieg unerwünschter psychiatrischer Nebenwirkungen durch Vareniclin oder Bupropion im Vergleich zu NET und Placebo festzustellen. Die Abstinenzraten waren in der nicht psychiatrischen Kohorte höher als in der psychiatrischen, wobei für Vareniclin jeweils höhere Abstinenzraten als für Bupropion und NET gezeigt wurden (Tabelle 1). Goldstandard für die Tabakentwöhnung ist die Kombination psychotherapeutischer Techniken mit unterstützender Medikation. Die Technik der motivationalen Gesprächsführung in Kombination mit verhaltenstherapeutischen Techniken hat sich hier gut bewährt. Die Therapie gliedert sich in drei Phasen: Eine Vorbereitungsphase, beispielsweise mit 4 A-Interventionen (Tabelle 2), der Rauchstopp selbst und die Stabilisierungsphase (Rüther et al., 2014).

Begleitende CO-Messungen in der Atemluft sind kostengünstig durchführbar und fördern die Motivation zusätzlich. Die derzeit verfügbaren medikamentösen Therapieoptionen sind in Tabelle 2 angeführt. Zu beachten ist, dass nach dem Rauchstopp ein Anstieg von Substraten von CYP1A2 (z.B. Clozapin, Olanzapin) und bei Beibehaltung unveränderter Antipsychotikadosen Intoxikationserscheinungen möglich sind, da Tabakrauch, nicht Nikotin, ein Induktor von CYP1A2 ist. Dosisanpassungen von anderen Arzneimitteln, z.B. Theophyllin, Warfarin und Insulin, können ebenfalls erforderlich sein (Benkert 2017). Da NET-Präparate und Vareniclin nicht erstattungsfähig sind, müssen die anfallenden Kosten von entwöhnungswilligen Rauchern selbst getragen werden. Bupropion ist in Österreich als Antidepressivum zwar erstattungsfähig, in der Indikation Tabakentwöhnung jedoch nicht. Die selbst zu tragenden Kosten dieser Präparate werden von ambivalenten Rauchern oft als Gegenargument für ihre Verwendung ins Treffen geführt. Ein Vergleich der laufenden Kosten für Zigaretten mit den maximalen Tageskosten der Präparate, die nur für eine begrenzte Zeit von etwa drei Monaten anfallen, kann dieses Argument leicht entkräften (Tabelle 3).

Zusammenfassung

  • Rauchen stellt als Sucht eine psychiatrische Erkrankung dar.
  • Rauchen ist auch für andere psychiatrische Erkrankungen inkl. Suizid ein Risikofaktor.
  • Raucher mit psychiatrischen Erkrankungen haben den gleichen Anspruch auf beratende und pharmakologische Hilfestellungen wie Raucher ohne psychiatrische Komorbidität.
  • Medikamentöse Hilfen für die Erlangung der Abstinenz sind auch bei psychiatrischen Patienten wirksam und sicher.
  • Rauchstopp ist eine Maßnahme zur Gesundheitsförderung bei psychiatrischen Patienten.

Literatur beim Autor

Prim. Dr. Christoph Silberbauer
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck E-Mail: christoph.silberbauer@gespag.at