Das Spektrum der therapeutischen Optionen hat sich deutlich erweitert, wodurch die Therapie der (schubförmigen) MS zweifellos auch komplexer wurde/wird, sei es durch die „Qual der Wahl des Präparates“, durch die sequenzielle Anwendung krankheitsmodifizierender Therapien oder durch die zunehmende Komplexität neuropathologischer, neuroimmunologischer und neuroradiologischer Erkenntnisse, die zukünftig verstärkt ein individualisiertes Behandlungskonzept bedingen werden.

Grundsätzlich unterscheidet man die Therapie des akuten Krankheitsschubes, die immunmodulierenden und immunsuppressiven kausalen (= krankheitsmodifizierenden) Intervalltherapien bei schubhaft-remittierender und sekundär chronisch progredienter MS sowie symptomatische Therapien. Obwohl die medikamentösen und nicht medikamentösen symptomatischen Therapien von enormer Bedeutung sind (Stichwort: symptomatische Therapie = Therapie mit dem Ziel der Verbesserung eines bestehenden Symptoms), würden sie den Umfang dieses Artikels sprengen. Die Indikation für eine immunmodulierende/-suppressive Therapie und die Dokumentation bzw. das Monitoring des Therapieeffektes bzw. potenzieller Nebenwirkungen und Risiken obliegt intramuralen und extramuralen MSZentren, die durch die Österreichische Gesellschaft für Neurologie anerkannt wurden. Der Einsatz der krankheitsmodifizierenden Therapien orientiert sich an den Empfehlungen der unter Mitarbeit österreichischer MS-Experten erstellten DGN-Leitlinien zur Therapie der MS (Abbildung).

empfehlungen


 

 

Therapie des akuten Krankheitsschubes

Jeder klinisch eindeutige Erkrankungsschub sollte adäquat mit einer hochdosierten Kortikosteroid-Therapie behandelt werden. Die therapeutische Devise ist „kurz und hoch“, um einerseits eine schnellere Wirkung zu erzielen und andererseits die bekannten Nebenwirkungen der Steroide zu vermeiden: Nach Ausschluss eines Infektes und unter Magenschutz werden in der Regel 1.000mg Methylprednisolon über drei bis fünf Tage i.v. verabreicht, gegebenenfalls gefolgt von einer kurzen Ausschleichphase mit oralem Methylprednisolon. Bei ungenügender Besserung der klinischen Symptomatik sollte die genannte Kortikosteroidtherapie nach zwei bis vier Wochen wiederholt oder gegebenenfalls nach Rücksprache mit einem MS-Zentrum eine eskalierende Therapie (z.B. Immunsuppression, Plasmapherese) durchgeführt werden. Aufgrund mangelnder Langzeiteffekte gibt es keine Indikation zur Dauertherapie mit Kortikosteroiden.

Immunmodulierende Therapien

Rekombinante Interferon-beta-Präparate: Interferonbeta (IFNβ) wirkt über verschiedene Mechanismen modulierend auf die bei der MS relevanten Immunreaktionen. Innerhalb der letzten fast zwei Jahrzehnte haben zahlreiche Phase-III-Studien die Wirksamkeit von IFNβ bei schubförmiger MS bewiesen. Neben einer signifikanten Reduktion der Schubrate, der Schwere von Schüben und der Verminderung der kernspintomographisch fassbaren Krankheitsaktivität konnte zum Teil auch eine signifikante Verzögerung der Krankheitsprogression nachgewiesen werden. Drei (demnächst vier) rekombinant hergestellte IFNβ-Präparate sind zur Therapie der schubförmigen MS zugelassen: IFNβ-1a 30mcg wöchentlich i.m. und IFNβ-1a 22 bzw. 44mcg dreimal wöchentlich s.c., sowie IFNβ-1b 250mcg jeden zweiten Tag s.c. Ganz rezent wurde IFNβ-1a s.c. auch als pegyliertes Präparat vorgestellt, welches den Vorteil von weniger frequenten Injektionen (nur mehr alle zwei Wochen) bei gleichbleibender Wirksamkeit hat. IFNβ-1b erbrachte zusätzlich eine signifikante Reduktion der Krankheitsprogression bei sekundär chronisch progredienter MS mit superponierten Schüben und ist daher auch in dieser Indikation zugelassen.

Für die bislang zugelassenen drei IFNβ-Präparate konnte außerdem gezeigt werden, dass bei CIS die Zeit bis zum Auftreten eines weiteren Schubes (= klinisch definitive MS) sowie die Krankheitsprogression im MRT signifikant verzögert wurde. Die Indikation für ein IFNβ nach dem ersten Schubereignis ist dann gegeben, wenn ein „hohes Risiko für die Entwicklung einer klinisch definitiven MS besteht“.

Nebenwirkungen aller IFNβ-Präparate betreffen in erster Linie (üblicherweise über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen nach Therapiebeginn transiente) Grippeähnliche Symptome. Aufgrund der Applikationsart kann es (mehr bei den s.c. Präparaten) zu Hauterscheinungen an den Einstichstellen kommen (schmerzhafte Einstichstellen, Indurationen, seltenst auch Hautnekrosen). Im drei- bis sechsmonatigen Labormonitoring ist auf eine mögliche Erhöhung der Transaminasen und selten auch Leukopenie zu achten. Bezüglich Schwangerschaft besteht zunehmender Konsensus, dass die Therapie mit IFNβ-Präparaten bis zum Eintritt der Schwangerschaft durchgeführt werden kann.

Ein Nachteil der Therapie mit rekombinantem IFNβ ist das mögliche Auftreten neutralisierender Antikörper (NAB) gegen IFNβ (mit Unterschieden von Präparat zu Präparat). NAB inhibieren die Bindung von IFNβ am Rezeptor und reduzieren dessen biologische Aktivität und damit die klinische Wirksamkeit. Aus diesem Grund wird die regelmäßige Testung auf NAB nach sechs bis zwölf Monaten Therapiedauer sowie bei persistent hohen Antikörpertitern ein Therapiewechsel empfohlen.

Glatirameracetat (GLAT) ist ein synthetisch hergestelltes Oligopeptid, bestehend aus den vier Aminosäuren L-Glutaminsäure, L-Lysin, L-Alanin und L-Tyrosin in zufälliger Mischungsreihenfolge und unterschiedlicher Größe. Es wurde zunächst hergestellt, um die antigenen Eigenschaften von basischem Myelinprotein (MBP) im Tiermodell der MS zu imitieren. Als wahrscheinlichen Wirkungsmechanismus nimmt man eine Bystander-Suppression von autoreaktiven T-Zellen an. Anhand der vorliegenden Phase-III-Studien, welche eine Reduktion der Schubrate und der kernspintomographisch fassbaren Krankheitsaktivität bewiesen haben, ist GLAT in einer täglichen Dosis von 20mg s.c. als zu den IFNβ- Präparaten gleichwertige Basistherapie bei der schubförmige MS und beim CIS zugelassen. Nebenwirkungen von GLAT sind insgesamt gering, am unangenehmsten sind die nicht häufig auftretenden „Postinjektionsreaktionen“. Ebenso wie IFNβ kann GLAT bis zum Eintritt einer Schwangerschaft verabreicht werden.

Teriflunomid: Teriflunomid ist ein selektives Immunsuppressivum, welches spezifisch und reversibel das mitochondriale Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH) hemmt, das für die De-novo-Pyrimidinsynthese erforderlich ist. Teriflunomid reduziert die Zahl aktivierter Lymphozyten, die auf eine De-novo-Pyrimidinsynthese angewiesen sind. Ausführliche Phase-III-Studien haben eine signifikante Reduktion der annualisierten Schubrate, eine Verminderung des Risikos der weiteren Krankheitsprogression und eine entsprechende Wirkung auf MRT-Studienendpunkte gezeigt. In einer rezenten Studie bei Patienten mit CIS konnte die Therapie mit Teriflunomid die Konversion zur klinisch definitiven MS signifikant verzögern.

Das Nebenwirkungsprofil ist insgesamt als günstig anzusehen, es kann aber unter anderem zu einem temporären Effluvium kommen. So wie bei allen immunmodulierenden Therapien sollten regelmäßige Laborkontrollen (Blutbild, Differenzialblutbild, Transaminasen) durchgeführt werden. Eine erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlich Schwangerschaft ist aber notwendig: Nachdem Teriflunomid von der FDA in der Schwangerschafts- Risikokategorie X (= tierexperimentelle und humane Teratogenität) eingestuft wurde, ist Teriflunomid während Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert.

Für Frauen ist während der Behandlung mit Teriflunomid eine zuverlässige Verhütung absolut erforderlich. Bei gewünschter (oder eingetretener) Schwangerschaft muss Teriflunomid aktiv (mit Cholestyramin) beschleunigt eliminiert werden (Zielwert: Absinken des Plasmaspiegels von Teriflunomid <0,02mg/l). Teriflunomid 14mg 1×1 täglich per os wurde am 26.8.2013 in der EU zur Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmiger MS zugelassen. Die Aufnahme in den Erstattungskodex der Österreichischen Sozialversicherungen ist aber noch ausständig.

Dimethylfumarat (DMF): DMF ist ein Fumarsäureester der zweiten Generation. Anhand experimenteller präklinischer Studien ist davon auszugehen, dass DMF über Aktivierung der Transkription des Nuclear Factor E2(erythroid-derived 2)-like Factor-2 (Nrf2) immunmodulierend und zytoprotektiv sowie über Modulation der NF-κB-Transkription direkt antiinflammatorisch wirksam ist. Die gepoolte Analyse zweier großen Phase-III-Studien demonstrierte eine deutlich signifikante Reduktion der Schubrate, der weiteren Krankheitsprogression und der hierfür korrespondierenden MRT-Parameter. Auch für DMF ist das Nebenwirkungsprofil anhand der klinischen Studien (und auch der bereits klinischen Erfahrungen vor allem in den USA und Deutschland) als sehr günstig einzustufen, es kann aber zu temporären (üblicherweise milden) Nebenwirkungen wie Flush und gastrointestinalen Beschwerden kommen.

Auch bei DMF sollten alle drei bis sechs Monate Laborbefunde (Blutbild, Differenzialblutbild, Transaminasen) kontrolliert werden. Aufgrund der noch nicht ausreichenden Datenlage von DMF und Schwangerschaft ist die Anwendung von DMF in der Schwangerschaft nicht empfohlen. Aufgrund seines insgesamt sehr guten Nutzen-Risiko-Profils wurde DMF 240mg 2×1 täglich per os mit 30.1.2014 in der EU zur Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmiger MS zugelassen. Die Aufnahme in den Erstattungskodex der Österreichischen Sozialversicherungen wurde hingegen im August 2014 (vorerst) abgelehnt. Hauptgrund hierfür scheint die Meinung zu sein, dass es für DMF eine magistrale (kostengünstige) Alternative in Österreich gäbe, obwohl für magistrale Fumarsäureester keine Daten zur Bioäquivalenz und der Wirksamkeit bzw. des Nebenwirkungprofils (Phase-II- und -III-Studienevidenz) bei MS vorliegen und somit auch keine Zulassung für magistrale Fumarsäureester in der Indikation MS besteht.

Intravenöse Immunglobuline (IvIg): Die immunmodulierende Wirkung von IvIg wird bei einigen neurologischen Erkrankungen, insbesondere bei jenen, die durch Autoantikörper verursacht werden (z.B. Guillain-Barre- Syndrom, multifokale motorische Neuropathie, Dermatound Polymyositis und Myasthenia gravis), seit Jahren erfolgreich genutzt. Bei schubförmiger MS wurde in mehreren kleinen Studien ein positiver Effekt auf die jährliche Schubrate beobachtet. Nachdem bisher für keines der am Markt befindlichen IvIg eine Zulassung in der Indikation MS besteht und die optimale Wirkdosis bis dato unbekannt ist, ist im Lichte des zunehmenden Spektrums zugelassener MS-Therapien ein grundsätzlicher Einsatz der IvIg nicht mehr zu rechtfertigen und sollte nur noch in seltenen Ausnahmefällen verwendet werden.

Immunsuppressive Therapien

Natalizumab (NTZ) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der an die Alpha-4-Untereinheit von Integrinen, die auf Leukozyten exprimiert sind, bindet. Dadurch wird die Interaktion dieser Integrine mit ihren Liganden inhibiert, was in weiterer Folge die Adhäsion von Leukozyten am Endothel und ihre Migration durch die Blut- Hirn-Schranke hemmt. Zwei große Phase-III-Studien und die langjährigen (in Observationsstudien und Therapieregistern dokumentierten) Erfahrungen zeigen für NTZ 300mg monatlich i.v. eine sehr deutliche Reduktion der jährlichen Schubrate, der Krankheitsprogression und der Läsionslast im MRT bei Patienten mit schubförmiger MS. NTZ wurde als erster monoklonaler Antikörper in der Neurologie von den Zulassungsbehörden FDA und EMA 2006 für folgende Patienten mit aktiver schubförmiger MS als Monotherapie zugelassen: Patienten, die trotz einer Therapie mit einem INFβ (oder GA) in den letzten zwölf Monaten zumindest einen Krankheitsschub hatten, bzw. therapienaive Patienten, die in den letzten zwölf Monaten zumindest zwei schwere behindernde Krankheitsschübe hatten.

Die sehr gute therapeutische Effizienz und das allgemein geringe Nebenwirkungsprofil von NTZ muss aber gegen das Risiko einer durch das JCVirus (JCV) verursachten progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) abgewogen werden. Die Inzidenz einer PML innerhalb der ersten zwei NTZ-Behandlungsjahre ist äußerst niedrig, steigt aber im dritten Behandlungsjahr. Seit Mai 2011 steht ein Test zur Bestimmung von Antikörpern gegen das JCV zur Verfügung, im Herbst 2014 wurden auch Daten zum JCV-Antikörperindex („Titer“) publiziert. Der derzeitige Wissensstand geht davon aus, dass Patienten mit Antikörpern gegen das JCV und einer NTZ-Therapiedauer von mehr als zwei Jahren ein höheres PMLRisiko von etwa 5 von 1.000 behandelten Patienten haben.

Im Gegensatz dazu haben Patienten mit negativem Anti-JCV-Antikörperstatus derzeit nur ein hypothetisches PMLRisiko (<0,7/1.000). Das empfohlene Labormonitoring bei NTZ (Leberfunktionsparameter, Blutbild/Differenzialblutbild) inkludiert derzeit daher auch die sechsmonatige Kontrolle des JCV-Antikörperstatus bei Patienten mit negativem JCV-Antikörperbefund. Auch die Therapie mit NTZ kann wegen seines nicht erwiesenen teratogenen Risikos bei Patientinnen bis zum Eintritt einer Schwangerschaft durchgeführt werden.

Fingolimod (FTY): Das orale, selektive Immunsuppressivum Fingolimod ist ein Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptormodulator, der zu einer reversiblen Sequestrierung der zirkulierenden Lymphozyten in den Lymphknoten und somit zu einer Abnahme der Anzahl von Lymphozyten im peripheren Blut und anderen Zielorganen, wie beispielsweise dem ZNS, führt. In zwei großen Phase-III-Studien zeigte sich eine deutlich signifikante Reduktion der annualisierten Schubrate und der Läsionslast im MRT, geringer auch der Krankheitsprogression, gegenüber Plazebo bzw. einem aktiven Komparator mit IFNβ-1a 30mcg i.m. bei Patienten mit schubförmiger MS.

Nach Abwägung des Nutzen-Risiko-Profils wurde FTY als erste orale MS-Therapie von der Zulassungsbehörde
FDA im September 2010 zur Basistherapie schubförmiger MS-Patienten zugelassen, von der EMA im März 2011 hingegen für folgende Patienten mit aktiver schubförmiger MS: Patienten, die trotz einer Therapie mit einem IFNβ (oder GLAT) in den letzten zwölf Monaten zumindest einen Krankheitschub hatten, bzw. therapienaive Patienten, die in den letzten zwölf Monaten zumindest zwei schwere behindernde Krankheitsschübe hatten. Bei der ersten Gabe von FTY müssen Patienten sechs Stunden hinsichtlich möglicher kardiovaskulärer Nebenwirkungen (Bradykardie, AV-Block) kontinuierlich EKG-monitiert werden, Frauen im gebärfähigen Alter müssen explizit eine sichere Kontrazeption für die Dauer von FTY (und bis zu zwei Monaten nach Beendigung der Therapie) durchführen, und vor Therapiebeginn muss bei unklarer Vorinfektion auch noch der Antikörperstatus gegen Varizellen erhoben werden.

Nach drei bis vier Monaten Therapie mit FTY ist eine augenärztliche Untersuchung zum Ausschluss des Auftretens eines (sehr seltenen) Makulaödems empfohlen. Analog zu allen immunmodulierenden Therapien sollten alle drei bis sechs Monate Laborbefunde (Blutbild, Differentzialblutbild, Transaminasen) kontrolliert werden.

Alemtuzumab (AZM) ist ein rekombinanter, humanisierter monoklonaler Antikörper, der gegen das Glykoprotein CD52 gerichtet ist, das in hohen Konzentrationen auf der Zelloberfläche von vor allem T- und B-Lymphozyten exprimiert wird. Dadurch kommt es zu einer Depletion zirkulierender (autoreaktiver) T- und B-Lymphozyten. Zwei Phase- III-Studien (deren Besonderheit der direkte Wirksamkeitsvergleich zwischen AZM und IFNβ-1a s.c. – und nicht Plazebo – war) haben eine deutlich signifikante Reduktion von Krankheitsschüben, weiterer Krankheitsprogression und der entsprechenden MRT-Endpunkte gezeigt. Die sehr gute Wirksamkeit von AZM muss aber gegen die dokumentierten Nebenwirkungen/Risiken abgewogen werden: Neben (temporären) Infektionen kann es (bis zu vier Jahre nach der letzten AZM-Infusion) zum Auftreten von neuen Autoimmunkrankheiten (Schilddrüsenerkrankungen, sehr selten auch idiopathische thrombozytopenische Purpura und Immunnephropathien) kommen.

Die Therapie mit AZM erfordert somit ein engmaschiges Labormonitoring (monatlich: Blutbild, Differenzialblutbild, Leberund Nierenfunktionsparameter; alle drei Monate: Schilddrüsenparameter) für zumindest 48 Monate nach der letzten Behandlungsphase. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während und bis vier Monate nach einer Behandlungsphase mit AZM eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. AZM erhielt am 12.9.2013 die EU-Zulassung zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit aktiver schubförmiger MS in folgender Dosierung: 12mg/Tag i.v. an fünf aufeinanderfolgenden Tagen (60mg Gesamtdosis) und dann nach zwölf Monaten 12mg/Tag i.v. an drei aufeinanderfolgenden Tagen (36mg Gesamtdosis). Die stationäre Verabreichung von AZM und das langfristige Monitoring potenzieller Nebenwirkungen/Risiken sollten ausschließlich durch erfahrene MS-Zentren erfolgen.

Mitoxantron ist für die Behandlung von gehfähigen Patienten mit sekundär progredienter oder progressiv schubförmiger MS und Versagen oder Unverträglichkeit einer Vortherapie mit IFNβ bzw. GLAT seit 2003 zugelassen. Aufgrund des dosisabhängigen Risikos des Auftretens toxischer Kardiomyopathien müssen in regelmäßigen Abständen kardiologische (EKG, Echokardiographie) Untersuchungen erfolgen, und die kumulative Gesamtdosis von 96mg/m2 KOF (bis zu 140mg/m2 im Bedarfsfall in spezialisierten MS-Zentren) darf nicht überschritten werden. Außerdem haben Untersuchungen in den letzten Jahren gezeigt, dass ein deutlich höheres als ursprünglich angenommenes Risiko von Mitoxantron-bedingten akuten (häufig letalen) Leukämien besteht. In Anbetracht der zugelassenen Therapieoptionen sollte Mitoxantron nur noch sehr eingeschränkt bei sehr individueller Nutzen- Risiko-Abwägung angewandt werden.

MS-Therapieregister

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass mit dem MS-Therapieregister der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie seit nunmehr acht Jahren ein erfolgreiches Konzept zur modernen medizinischen Qualitätssicherung umgesetzt wird: Die systematische Dokumentation des Nutzens und der Nebenwirkungen krankheitsmodifizierender MS-Therapien im „real-life setting“ und die transparente, jedem MS-Spezialisten zugängliche Verfügbarkeit dieser Daten kommen unmittelbar der Betreuung von MS-Patienten in Österreich zugute.

Lecture Board: Univ.-Prof. Dr. Barbara Bajer- Kornek, Univ.-Prof. Dr. Franz Fazekas, OA Dr. Michael Guger

Ärztlicher Fortbildungsanbieter: Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Graz

Univ.-Prof. Dr. Thomas Berger, MSc
Leiter der AG Neuroimmunologie & Multiple Sklerose, Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck E-Mail: thomas.berger@i-med.ac.at