Die seltene, aber behandelbare hereditäre Stoffwechselerkrankung Morbus (M.) Pompe weist einen sehr variablen Erkrankungsbeginn auf, der zwischen Neugeborenen- und spätem Erwachsenenalter liegen kann. Der M. Pompe fällt in die Gruppe der metabolischen Myopathien, hier unter die Glykogenosen und ist auch als Glykogenose Typ II oder „saurer Maltasemangel“ bekannt. 

Durch Fehlen oder einen Mangel des Enzyms saure α-Glukosidase (GAA) kann Glykogen in Lysosomen nicht abgebaut werden und es kommt zu einer Akkumulation von Glykogen mit konsekutiver Zellschädigung. Dies betrifft vorwiegend die Herz- und Skelettmuskulatur. Eine vermehrte Glykogenspeicherung kann aber auch in anderen Organen wie Leber, Niere, Motoneuronen und der glatten Muskulatur nachgewiesen werden. Die klinischen Symptome werden allerdings hauptsächlich durch Schäden an Herz- und Skelettmuskulatur verursacht.

Erkrankungsbeginn und Schweregrad des M. Pompe hängen vor allem von der enzymatischen Restaktivität ab. Es wird der early-onset M. Pompe mit Beginn im Säuglingsalter („infantiler Pompe“) vom late-onset M. Pompe unterschieden, der im Kindes-, Jugend- bzw. meistens im Erwachsenenalter beginnt („kindlicher“, „juveniler“ und „adulter Pompe“). Erstbeschrieben wurde die Erkrankung im Jahr 1932 von dem niederländischen Pathologen Johannes Cassianus Pompe an einem sieben Monate alten Säugling, während der spät beginnende M. Pompe erst in den 60er Jahren beschrieben wurde. Der Mangel an lysosomaler GAA als Ursache des M. Pompe wurde 1963 vom belgischen Biochemiker Henri-Gery Hers erkannt.

Epidemiologie

Die Daten zur Häufigkeit des M. Pompe sind teilweise sehr widersprüchlich und zeigen geografische Variationen. Es wird von einer globalen Inzidenz von ca. 1/40.000 Lebendgeburten ausgegangen, diese Angaben schwanken aber je nach Region bzw. Population zwischen 1/14.000 und 1/300.000.  So wurde in Österreich im Jahr 2010 ein Screening für lysosomale Speichererkrankungen bei 34.736 Neugeborenen durchgeführt, und es wurden vier Neugeborene mit genetisch gesichertem M. Pompe identifiziert, was einer Inzidenz von 1:8.684 entspricht (Mechtler et al., 2012).

Diese Daten dürften allerdings nicht repräsentativ sein, da im darauffolgenden Jahr keine Patienten mittels desselben Screenings identifiziert wurden. Höhere Inzidenzen wurden allgemein bei Afroamerikanern, Nordeuropäern niederländischer Herkunft und Südostasiaten beschrieben. Die Geburtsprävalenz des late-onset M. Pompe ist häufiger (ca. zwei- bis dreifach) als die des infantilen M. Pompe. Die Prävalenz des M. Pompe in Europa wird mit 1/283.000 angegeben (Schoser, 2016). In Österreich leben derzeit 20 Patienten, fünf davon mit early-onset M. Pompe.

Pathophysiologie

Durch Fehlen oder einen Mangel der sauren α-Glukosidase kommt es zu einer Akkumulation von Glykogen in Lysosomen. Wird die lysosomale Kapazität überschritten, rupturieren sie, und lysosomale Enzyme treten in das Zytoplasma über, wo sie zu einer Schädigung der Zelle führen. Allerdings geht die Pathophysiologie über eine reine abnorme lysosomale Speicherung hinaus. Zahlreiche Studien beschreiben eine komplexe Pathophysiologie mit einem progredienten Verlust der funktionierenden Interaktion zwischen Lysosomen, Endosomen und Autophagosomen.

Dies resultiert in einer zunehmenden Akkumulation nicht nur von abnormen Lysosomen, sondern auch dicht gepackten Autophagosomen. In Tiermodellen zeigte sich diese Akkumulation von Autophagosomen vor allem in Typ-2-Muskelfasern. Allerdings ist diese Muskelfaserpräferenz beim Menschen nicht belegt. Eine abnorme Autophagie beim M. Pompe führt u.a. auch zu einem gestörten Recycling des Kationen-unabhängigen Mannose-6-Phosphat- Rezeptors an der Muskelmembran, was eine insuffiziente Aufnahme der rhGAA in Muskelfasern erklären könnte.

Genetik

Der M. Pompe wird autosomal rezessiv vererbt, bedingt durch Mutationen im GAA-Gen auf Chromosom 17q25.3. Anlageträger sind asymptomatisch, Betroffene in der Regel compound heterozygot, selten homozygot. Es wurden mehr als 300 Mutationen beschrieben, sowohl Missense- und Nonsense-Mutationen, Deletionen, Insertionen aber auch Splice-Site-Mutationen (www.pom pecenter.nl). Die häufigste Mutation bei kaukasischen Late-onset-M.- Pompe-Patienten ist c.-32-13T>G, eine intronische Mutation, die zu einem „Splicing-Defekt“ führt, aber eine residuale Enzymaktivität von etwa drei bis 20 Prozent erlaubt.

Die Art der Mutation bedingt zu einem hohen Ausmaß Erkrankungsbeginn und Erkrankungsverlauf, wobei aber vor allem beim late-onset M. Pompe doch auch eine beträchtliche klinische Heterogenität bei gleichem Genotyp besteht. Neben vermuteten exogenen Faktoren wurden genetische Faktoren identifiziert, die den klinischen Verlauf beeinflussen; z.B. modulieren bestimmte Polymorphismen im ACE- und ACTN3-Gen den klinischen Phänotyp. Interessanterweise ist die Beeinflussung des Phänotyps durch Polymorphismen im ACE-Gen auch bei einer anderen metabolischen Myopathie, der McArdle’schen Erkrankung, beschrieben.

Klinische Manifestationen

Early-onset M. Pompe. Der earlyonset oder infantile M. Pompe ist die am schwersten verlaufende Form dieser Erkrankung, gekennzeichnet durch (nahezu) vollständiges Fehlen von enzymatischer GAA-Aktivität. Die ersten Symptome zeigen sich in den ersten Lebensmonaten in Form von muskulärer Hypotonie, Trinkschwäche, Bewegungsarmut, Gedeihstörungen, vermehrten respiratorischen Infekten. Makroglossie, Hepatomegalie, zeltförmiger Mund, und paradoxe Atmung können beobachtet werden. Typisch ist eine hypertrophe Kardiomyopathie.

Das EKG zeigt hochamplitudige QRS-Komplexe, Depolarisationsstörungen und verkürzte PR-Intervalle. Ohne Enzymersatztherapie überleben diese Kinder in der Regel das erste Lebensjahr nur in Ausnahmefällen („nicht klassische“ infantile Form des M. Pompe mit langsamerer Progredienz). Bei Kindern, die aufgrund der modernen Enzymersatztherapie länger überleben, werden gelegentlich eine Hörstörung, aber auch Osteopenie und Osteoporose sowie Störungen der Okulomotorik als weitere Symptome der Erkrankung beobachtet.

Late-onset M. Pompe. Die Symptome des late-onset M. Pompe sind in erster Linie durch eine muskuläre Schwäche verursacht, die bevorzugt die Becken- und Schultergürtelmuskulatur, aber auch die Rücken-, Bauch- und Atemmuskulatur betrifft. Bei Kindern stehen das verzögerte Erreichen motorischer Meilensteine und eine eingeschränkte körperliche Leitungsfähigkeit im Vergleich mit Gleichaltrigen im Vordergrund. Bei Erwachsenen bestehen anfangs u.U. nur eine rasche Ermüdbarkeit, Muskelkrämpfe und auch Myalgien, in der Folge wird der Verlust an Kraft vorwiegend der proximalen Muskulatur, z.B. beim Stufensteigen, bemerkt.

Durch die Schwäche der Bauchmuskel ist das Aufrichten aus dem Liegen erschwert, die Schwäche der Rückenmuskulatur kann zu Skoliose führen. Die Schwäche der Atemmuskulatur bedingt eine Kurzatmigkeit und Atemnot im Liegen, die sich im Sitzen bessert, bis zu akutem respiratorischem Versagen. Die Schwäche von Skelett- und der Atemmuskulatur kann sich in unterschiedlichem Tempo und Ausmaß entwickeln, und Atemprobleme sind in bis zu 30 Prozent der Fälle das Erstsymptom der Erkrankung.

Einzelne Berichte über Patienten mit akutem respiratorischem Versagen als Erstsymptom existieren. Eine Kardiomyopathie wird beim adulten M. Pompe nur in Ausnahmefällen beobachtet, allerdings wird ein erhöhtes Auftreten von Rhythmusstörungen, Aneurysmen, Osteopenie und Osteoporose berichtet. Unbehandelt ist der M. Pompe eine langsam progrediente Erkrankung, und ca. zehn bis 15 Jahre nach Symptombeginn benötigt die Mehrzahl der erwachsenen Patienten einen Rollstuhl oder ein Beatmungsgerät.

Zusatzuntersuchungen

Neben der regelmäßigen neurologischen Untersuchung sind jährliche kardiologische und vor allem pulmologische Kontrollen bzw. die spirometrische Bestimmung der Atemleistung unbedingt notwendig. Im individuellen Fall sind Schlaflabor und Knochendichtemessung zu diskutieren, eine routinemäßige Suche von intracerebralen Aneurysmen ist nach derzeitigem Wissensstand nicht indiziert.

Laborbefunde und Diagnose

Bei M. Pompe ist die CK typischerweise leichtgradig (500–1.000 U/l) erhöht, allerdings zeigen die berichteten CK-Werte eine große Schwankungsbreite, sie können normal bzw. bis um das 15-Fache des oberen Normwertes erhöht sein. Wenn die CK erhöht ist, kommt es typischerweise auch zu einer Erhöhung der Transaminasen (GOT und GPT). Dies ist aber nicht Ausdruck einer hepatischen Mitbeteiligung, denn diese Enzyme werden auch aus dem Muskel freigesetzt. In der Regel kommt es nicht zu Rhabdomyolysen.

Die Elektroneurographie ist unauffällig, in der Elektromyographie findet sich häufig pathologische Spontanaktivität in Form positiv scharfer Wellen und Fibrillationspotenzialen, aber auch komplex-repetitiver und myotoner Entladungen. Diese Veränderungen sind vor allem in der paravertebralen Muskulatur zu finden und sollten immer an einen M. Pompe denken lassen. Der diagnostische Goldstandard war bis vor Kurzem die Muskelbiopsie mit dem typische Bild einer vakuolären Myopathie mit PAS-positiven Glykogen-Depositen und einer verstärkten Reaktivität der sauren Phosphatase. Zusätzlich sollte in solchen Biopsien immer die Aktivität der GAA in biochemischen Messungen aus dem Muskelgewebe durchgeführt werden, um die Diagnose zu sichern. Allerdings kann die Muskelbiospie auch falsch negativ sein.

In den letzten Jahren haben sich andere Testverfahren etabliert, die direkte Bestimmung der GAA-Aktivität entweder aus Hautfibroblasten oder Leukozyten, wobei mehrheitlich die Aktivitätsbestimmung aus dem Trockenblut verwendet wird. Für diese DBS(Dried Blood Spot)-Testung reicht Blut aus der Fingerbeere, und die Methode ist mehrfach validiert worden. Findet sich eine reduzierte GAA-Aktivität, muss die Diagnose mittels genetischer Testung bestätigt werden. Die DBS-Testung kann in Österreich derzeit kostenfrei durchgeführt werden.

Wann an M. Pompe denken?

Nachdem der M. Pompe eine der wenigen behandelbaren hereditären Myopathien darstellt (siehe unten), empfiehlt sich eine großzügige Testung. Auf jeden Fall sollten Patienten mit Gliedergürtelmyopathien, axialen Myopathien, muskulär bedingter Ateminsuffizienz oder mit typischen belastungsabhängigen Myalgien mittels DBS gescreent werden. Von einigen Autoren wird auch die Testung bei asymptomatischer Hyper-CK-Ämie empfohlen.

Therapie

Im Jahr 2006 wurde die Enzymersatztherapie (ERT) mit rekombinanter humaner GAA (rhGAA; Alglucosidase alpha) in Europa und später auch den USA zugelassen. Die rhGAA bindet an den an der Zelloberfläche gelegenen Mannose-6-Phosphat Rezeptor, wird dann internalisiert, dissoziiert in der Zelle wo das Enzym Glykogen hydrolysiert. Die Anwendung erfolgt i.v. in einer Dosierung von 20mg/kg alle zwei Wochen. Die ersten Studien bei infantilem Pompe zeigten dramatische Ergebnisse mit einer Reduktion der Mortalität im ersten Lebensjahr um 99 Prozent, die in erster Linie auf der Besserung von Kardiomyopathie und Kardiomegalie beruhte.

Zwischenzeitlich zeigt sich, dass ca. 50 Prozent der infantilen Pompe-Patienten das fünfte Lebensjahr erleben und ca. 2/3 dieser Patienten ohne Beatmung. Basierend auf diesen vielversprechenden Ergebnissen wurde in der LOTS (Late Onset Treatment Study) die Wirksamkeit von rhGAA an 90 Patienten mit late-onset M. Pompe untersucht. Es fand sich eine geringe, aber signifikante Verbesserung im 6-Minuten-Walk-Test, und vor allem kam es zu einer Stabilisierung der Atmung (forcierten Vitalkapazität), während diese sich in der Kontrollgruppe verschlechterte. Dies führte zur Zulassung von rhGAA beim lateonset M. Pompe.

Zwischenzeitliche längere Erfahrungen zeigen, dass diese Therapie in erster Linie die Krankheit stabilisiert, die sich unbehandelt verschlechtert. Die Therapie wird in der Regel gut vertragen, während der ersten ca. zehn Infusionen kann es sehr selten zu anaphylaktische Reaktionen kommen. Die gute Verträglichkeit haben vor allem Daten aus den Niederlanden gezeigt, wo ein strukturiertes Heiminfusionsprogramm besteht und die Mehrheit der Patienten nach einer Initialphase im Spital zu Hause behandelt wird. Vor allem beim infantilen M. Pompe ist die Bildung neutralisierender Antikörper möglich, welche das Ansprechen auf die Therapie verschlechtert.

Beim late-onset M. Pompe ist dies Antikörperbildung seltener und die Relevanz für den Behandlungserfolg unklar. Die Entwicklung neuer GAAFormulierungen, die vor allem besser in die Zelle aufgenommen werden sollen, sowie neuer gentherapeutischer Ansätze ist im Gange. Neben der ERT ist jedoch die symptomatische Therapie nicht zu vernachlässigen, vor allem in Form von Physiotherapie und Atemtherapie.

Therapie Monitoring

Nachdem die ERT eine sehr kostenintensive Therapie darstellt, ist eine jährliche standardisierte Testung von Patienten mit M. Pompe dringend anzuraten bzw. zu fordern. Die verschiedensten Testverfahren stehen zur Verfügung, wobei die Bestimmung des Muskelsummenscores, der 6-Minuten-Walk-Test und eine Spirometrie obligat sein sollten. Zusätzliche Tests wie der Timed-up-and-go-Test, der 10m- oder 6m-Walk-Test, Arm Score, Walton-Gardner-Medwin Scale oder Rotterdam Handicap Scale wurden in der Literatur verwendet. Nur so lässt sich der Krankheitsverlauf bzw. das Therapieergebnis objektivieren und jährlich individuell die Entscheidung treffen, ob die Therapie weitergeführt werden soll oder nicht. Dies sollte zu Beginn der Therapie mit dem Patienten/der Patientin vereinbart werden. 

Literatur bei den Autoren

Fotos: Privat

Dr. Wolfgang Löscher und Dr. Julia Wanschitz
Universitätsklinik für Neurologie, Innsbruck